A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Jede Menge Schlagseite

 
     
 
An einem jener friedlichen Tage der zwanziger Jahre war die See spiegelglatt, als die "Anna Maria" im Seehafen von Pillau ankerte. Während der rauhbeinige Käpt’n Bosselmann die Takelage auf Schliff bringen ließ, kam einer der Angestellten der Reederei an Bord, mit den Worten: "Der Reeder möchte sie noch heute morgen sprechen; es ist sehr dringend!"

Etwas mißmutig im Werken gestört, stiefelte der Käpt’n an Land. Im Allerheiligsten des Reeders empfing dieser ihn recht freundlich, bot auch Zigarren und einen guten Schluck Rum an. Aber Bosselmann, nichts Gutes ahnend, lehnte beides ab.

"Mein lieber Bosselmann", eröffnete der Reeder das Gespräch, "wie Sie vielleicht aus langer Erfahrung wissen, sind Frauen nun einmal recht neugierige Personen, darin macht meine keine Ausnahme. Denken Sie sich nur, Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, die ,Anna Maria‘ aufzusuchen und sich Ihr Schiff von unten bis oben erklären zu lassen. Da sie – leider – einen ziemlichen Anteil an der Reederei besitzt, konnte ich ihren Wunsch nicht abschlagen. Daher bitte ich Sie, ihrem etwas eigenartigen Wunsch nachzukommen. Allerdings in höflicher Form!

Käpt’n Bosselmann blieb die Spucke weg: Eine Weibsperson zum Herumschnüffeln auf seiner geliebten "Anna Maria", das war doch starker Tobak! Aber schließlich sagte er brummend zu…

Wenig später hievten zwei Matrosen die etwas füllige Reedersfrau an Bord, und die Visite begann, von der Ankerklüse über das Steuerrad bis zum Kabelgatt oder dem Kabelschuh.

"Wenn einer meiner Matrosen übern Zapfen haut und betrunken randaliert", grobste Käpt’n Bosselmann, "dann wird er für drei Tage ins Kabelgatt (Werkzeug
raum) bei getrocknetem Hering und Dörrfleisch eingesperrt."

"Aber in diesem dunklen Raum sieht er doch nicht sein Essen", wagte die Reedersfrau zu sagen. "Ho, ho!", lachte Käptn. "Die Burschen kommen volltrunken mit einer rotglühenden Nase ins Gatt. Sie sollten mal sehen, wie es darin dann leuchtet!"

Recht mokiert wanderten beide in die Kombüse, wo der Smutje (Koch) gerade eine rötlich-braune Masse rührte, das Labskaus. Daneben stand eine Flasche Bärenfang, wo er ab und zu einen kleinen Schuß ins Essen tat. "Wie?" empörte sich seine Besucherin. "Schnaps ins Essen!"

"Warum nicht ’nen Schuß Bärenfang", griente der Käpt’n. "Deswegen nennt man uns Fahrensleute ja auch Seebären! – Jetzt werde ich Ihnen meine Sextanten erklären", meinte der Käpt’n, als sie die Kombüse verließen. "Wie?" schreckte die Reedersfrau hoch. "Sie haben sechs Tanten, kommen sie auch zu Ihnen an Bord?"

"Aber, meine Dame, Sextanten haben nichts mit einer Verwandtschaft zu tun. Mit einem Sextant bestimmt man auf See nach Messungen der Gestirne den Standort."

Beide saßen jetzt unter dem Sonnensegel. "Welch’ herrlicher Baldachin", klatschte des Reeders Madam in die Hände. – Käptn Bosselmann schwoll der Kamm: "Meine Dame, wir sind hier nicht im Morgenland bei Tausendundeiner Nacht, das Sonnensegel ist ein Schiffszubehör."

In diesem Augenblick lieh die Reedersfrau Käpt’n Bosselmann ihr Ohr: "Entschuldigen Sie, Käpt’n, nur eine einzige Frage habe ich noch: Kommen bei Ihnen an Bord auch manchmal Operationen vor?" Käpt’n Bosselmann lächelte hintergründig und schob den Priem von einer Backentasche in die andere: "Aber gewiß, meine Verehrteste, und zwar immer dann, wenn uns jemand
 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Furcht vor wachsender Kriminalität

Das Verhängnis von Weimar und wir

Unbändige Schaffenskraft

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv