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Das Bekenntnis meiner Reederei zur deutschen Flagge ist Marketinginstrument geworden." Der Reeder Peter Deilmann formulierte diesen Satz in der Festansprache zum 30jährigen Bestehen seiner Reederei an Bord der "Deutschland", dem Flaggschiff der Deilmann-Flotte, das zur Zeit als einziges deutsches Hochseeschiff weltweit unter deutscher Flagge die Meere durchkreuzt und zum "Traumschiff" für Millionen Fernsehzuschauer geworden ist.
Die Peter Deilmann Reederei GmbH & Co. in Neustadt in Holstein, einem der nördlichsten Punkte der deutschen Landkarte, ist das größte private Kreuzfahrtunternehmen Deutschlands. Ein attraktiver roter Backsteinbau, unmittelbar am Yachthafen der Neustädter Bucht, beherbergt die 100 Mitarbeiter der Reedereiverwaltung. Weitere 700 arbeiten auf der "Deutschland", sowie auf neun Flußkreuzfahrtschiffen, die klangvolle Namen wie "Donauprinzessin", "Mozart", "Frederic Chopin", oder "Cezanne" über die Wasserwege Europas tragen.
Der Reeder Peter Deilmann hat im Laufe seines Lebens insgesamt mehr als 30 Schiffe bauen lassen und die deutsche Seefahrt sgeschichte mit einer einmaligen Erfolgsgeschichte bereichert. Er starb im November 2003, und seitdem führen seine Zwillingstöchter Gisa und Hedda Deilmann das Schiffahrtsunternehmen.
Die beiden jungen Unternehmerinnen sind wie ihr Vater echte Holsteiner. Er wurde in Travemünde geboren und startete im nahen Lübeck 1968 mit nur einer Schreibkraft seine ersten Zeitcharters.
Im selben Jahr erblickten die Mädchen in Eutin an der Holsteinischen Seenplatte das Licht der Welt. Gisa wurde nach dem Abitur im Hotel "Vier Jahreszeiten" in Hamburg zur Hotelfachfrau (Bachelor Degree) ausgebildet, Hedda lernte bei "Hapag Lloyd", jenseits der Alster dem Hotel direkt gegenüber, Reiseverkehrskauffrau. Beide waren bereits im Unternehmen tätig. Sie sind verheiratet und Mütter von zwei beziehungsweise vier Kindern. Trotzdem zögerten sie keinen Augenblick, als sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten sollten, der sie zu Erbinnen seiner Reederei und Flotte gemacht hat.
"Wir führen das Unternehmen nach den Vorstellungen unseres Vaters weiter", sagt Hedda Deilmann. "Das Bekenntnis zu Deutschland, das unser Vater immer wieder abgelegt hat, wird auch von uns weiter verfolgt." Und das heißt in der Praxis: Alle Deilmann-Schiffe fahren unter deutscher Flagge. "Eine Verpflichtung, die richtig Geld kostet", gesteht man in der Reederei, denn das setzt voraus, deutsche Löhne zu zahlen und mancher weiteren anspruchsvollen Bestimmung zu entsprechen. Trotzdem klingt ein Ton Stolz in Berichten, die darüber Rechenschaft ablegen, und Peter Deilmann selbst ordnete sie obendrein kaufmannsgerecht seinem Marketingkonto zu. Ebenso wie sich die Tatsache, daß auf allen Schiffen der Reederei nur deutschsprachiges Personal arbeitet, im Markt der Touristik ausgezahlt hat.
Die Vorstellungen des Firmengründers werden aber auch in manchem historischen Ereignis aus der Reederei-Geschichte deutlich wie jenem, daß Peter Deilmann 1980 sein erstes großes Kreuzfahrtschiff auf den Namen "Berlin" getauft hat. Das geschah zu einer Zeit, da der historische Ort an der Spree unter zwei Staaten aufgeteilt, und wie Deilmann selbst später betonte, eine derartige Namensgebung für ein Hochseeschiff "geradezu avantgardistisch war".
Das Modell des imponierenden 175 Meter langen Hochseeschiffs "Deutschland", das in 294 Kabinen 520 Passagiere beherbergen kann, hat in der Eingangshalle des neuen Reederei-Gebäudes einen vitrinengeschützten Ehrenplatz inne. Der Betrachter kann von dort aus zu manchem der Flußkreuzfahrtschiff-Modelle auf den Fenstersimsen und über sie hinweg auf die silbergraue Ostsee blicken. Vor der Begegnung mit den ersten Meeresimpressionen aber bleibt der Blick noch an einer Skulptur Serge Mangins hängen: "Die deutsche Einheit", zwei Bronze-Schwestern im Seewind, die die neuen Eignerinnen von Bord der "Prinzessin von Preußen" an ihren Stammsitz holten.
Als die "Deutschland" 1998 in Kiel bei Howaldt getauft wurde, sagte Wolf Jobst Siedler: "Auch ein Kreuzfahrtschiff darf nun wieder ,Deutschland heißen, wie ja auch die Engländer die neue Yacht ihres Königshauses ,Britannia genannt haben. Nun plötzlich fällt es uns eher als merkwürdig auf, daß es ein halbes Jahrhundert keine ,Deutschland auf den Weltmeeren gab. Auch auf diesem Feld sind wir ein Land wie alle anderen geworden." Und bei der 30-Jahrfeier seiner Reederei fand Peter Deilmann obendrein Worte, die heute aktueller denn je sind: "Als Staatsbürger ist es meine Überzeugung, daß Unternehmer, die sich mit ihren Angeboten und Produkten vorwiegend auf dem heimischen Markt bewegen, auch eine Verantwortung dafür tragen, daß die vom Kunden geleisteten Beträge zur Sicherung von Arbeitsplätzen in hier ansässigen Betrieben eingesetzt werden und so dem heimischen Wirtschaftskreislauf erhalten bleiben."
Die Liebe Peter Deilmanns zur Freiheit der Meere drückte sich - wie viele seiner Weggefährten betonen - auch in der Souveränität seiner Haltung und dem daraus resultierenden Hang zu einer verantwortungsbewußten Autokratie aus. Ein Zusammenhang, der für bürokratiegeschützte Demokraten oft schwer verständlich ist.
Zu den markanten Daten der Reedereigeschichte gehören weiter Bau und Einsatz der "Donauprinzessin", sozusagen der Stammutter der Deilmann Flußkreuzschiffahrtflotte, mit der die Reederei 1983 in ein noch brandneues, aber von Anfang an hart umkämpftes Geschäft einstieg, das heute zunehmend von Angeboten des Massentourismus bewegt wird. Der "Prinzessin" folgten später neun weitere Flußschwestern bis zur jüngsten 2002 in Dienst gestellten "Frederic Chopin", die die Elbe, die Havel, die Oder und den Rügener Bodden befährt. Schiffsreisen, die unmittelbaren Ufer-Kontakt ermöglichen, so wie ihn zum Beispiel der Schriftsteller Arno Surminski, der mehrfach zum Kulturprogramm der Deilmannflotte beitrug, kurz nach "der Wende" an Bord der "Prinzessin von Preußen" erlebte: "Der erste Blickkontakt mit dem Osten. Für mich eine historische Fahrt. Ein Handreichen zum anderen Ufer."
Die Expansion der Reederei kommt aber ebenso in dem 1995 in Washington gegründeten Verkaufsbüro und der 1996 erfolgten Übernahme eines englischen Kreuzfahrtunternehmens zum Ausdruck. Im Jahre 2000 übernahm die Reederei die Werft in Tangermünde, auf der inzwischen vier Flußkreuzfahrtschiffe auf Kiel gelegt wurden: die "Katharina von Bora", die "Casanova" die "Frederic Chopin" und die "Heidelberg".
Gleichzeitig gelingt es der Reederei immer wieder, neben dem "Traumschiff"-Coup im öffentlichkeitsträchtigen Geschäft zu bestehen. Die "Deutschland" war Reporter-Zentrum bei den Olympischen Spielen von Sydney, und die gesamte Reederei-Flotte avancierte zum maritimen Partner der Expo 2000.
Als Gisa und Hedda Deilmann sozusagen über Nacht für dieses Königreich der Meere die Verantwortung übernehmen mußten, gingen sie beherzt zu Werke und waren furchtlos genug, schon kurz nach des Vaters Tod auch Neuerungen in Angriff zu nehmen, die ihr Reederei-Schiff im Sinne des Gründers auf Kurs halten sollen.
Die ständige Qualitätsverbesserung und die Qualitätssicherung auf den Schiffen gehören zu den vorrangigen Zielen der beiden Reederinnen. Sie entwickelten die sogenannten "Themenreisen" fort, sowohl auf der "Deutschland" als auch auf Flußkreuzfahrtschiffen speziell für Musikliebhaber, für Pferdeliebhaber, für Golfer, für Gartenfreunde oder auch für Wanderer und Radfahrer. Aktiv und exklusiv gestalten sie Bord- und Landprogramme, erweitern Wellness-Bereiche und freuen sich derzeit über die Auszeichnung der "Deutschland" mit dem Prädikat "Fünf-Sterne-Superior" der DEHOGA (Deutscher Hotel und Gaststättenverband).
Dabei sind die beiden Mittdreißigerinnen nicht nur ausgesprochen fotogen, sondern auch bescheiden und bekennen mit sympathischer Offenheit, daß sie sich im Sinne ihres Vaters und seiner Flotte, "um ehrlich zu sein, eigentlich erst seit diesem Jahr sicher auf Kurs fühlen."
Wir wünschen ihnen in diesem Sinne allzeit gute Fahrt! |
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