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Kreuz mit den Werten

 
     
 
Im Zusammenhang mit dem geplanten EU-Beitritt der Türkei wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die Europäische Union das zum Großteil in Asien liegende islamische Land nicht nur wirtschaftlich betrachtet, sondern auch ideell gesehen nicht verkraften kann. Das deutsch-türkisch
e Paar Jürgen Gottschlich und Dilek Zaptcioglu hat nun im Auftrag der Körber-Stiftung die deutschen und türkischen Wertesysteme miteinander verglichen.

In "Das Kreuz mit den Werten - Über deutsche und türkische Leitkulturen" werden nun Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Kulturkreise miteinander verglichen. Da es das offene Ziel der Körber-Stiftung ist, den deutsch-türkischen Dialog zu verbessern, ist es ganz selbstverständlich, daß Trennendes gern ein wenig klein geredet, Gemeinsamkeiten in dem Buch jedoch überhöht werden. Trotzdem ist das Buch durchaus interessant, man muß eben nur bei der Lektüre bedenken, mit welcher Tendenz es verfaßt worden ist.

Gleich im Vorwort ereifert sich Oya S. Abalt, Projektleiterin des Deutsch-Türkischen Dialogs der Körber-Stiftung, darüber, daß ihre Kollegen sich dazu entschieden haben, auf dem Umschlag des Buches mit deutsch-türkischen Klischees zu spielen, indem sie im Vordergrund eine auf einer Wiese sitzende junge Türkin mit Kopftuch und im Hintergrund eine junge Deutsche im Bikini zeigen. Mit Klischees geht es dann auch gleich weiter, indem die beiden Autoren die typischen Vorurteile anführen, die Deutsche über Türken und Türken über Deutsche haben, was durchaus sehr kurzweilig zu lesen ist.

Auch der Entwicklung der verschiedenen Wertesysteme gehen die beiden Autoren nach, die, wie sie betonen, sich selbstständig über die Bewertung der jeweilige Werte gestritten haben. "Was er unter ,Nationalismus versteht, ist für sie ein schöner Patriotismus, und was sie mit ,Nationalismus meint, ist eine extreme Erscheinung, die die eigene Nation über alle anderen stellt und sich deshalb auf Kosten der anderen auslebt."

Sehr aufschlußreich führen die Autoren durch die Geschichte der beiden Länder unter Berücksichtigung der jeweiligen Werte. Hierbei führen sie an, wie stark vor allem innerhalb der Türkei der Stadt-Land-Unterschied zum tragen kommt.

Besondere, scheinbar eigenartige Phänomene wie Ehrenmord, Minarett versus Glockenturm und die Unterdrückung der Frau behandeln sie gesondert. Immer wieder greifen sie dabei auf Beispiele aus dem Alltag zurück und stellen Familien vor, in denen das behandelte Thema maßgeblich ist.

Etwas krampfhaft wirkt der Versuch der beiden Autoren zu belegen, wie integriert manche in Deutschland lebenden türkischen Familien sind und das deren Kinder durchaus auch Abitur machen. Von der vorgestellten Familie haben von fünf Kindern drei die Hochschulreife. Das ist zwar für diese Familie sehr schön, aber es entspricht keineswegs dem Durchschnitt, wie Statistiken belegen.

Im ganzen ist "Das Kreuz mit den Werten - Über deutsche und türkische Leitkulturen" jedoch ein sehr aufschlußreiches Buch, das viele wichtige Informationen liefert. Bel

Jürgen Gottschlich, Dilek Zaptcioglu: "Das Kreuz mit den Werten - Über deutsche und türkische Leitkulturen", edition Körber-Stiftung, Hamburg 2005, broschiert, 263 Seiten, 14 Euro
 
     
     
 
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