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Das Trauma der völlig unerwarteten Wahlniederlage vom 14. März 2004 wirkt in der konservativen spanischen "Volkspartei" (Partido Popular, PP) bis heute nach. Alle Umfragen hatten einen erneuten Sieg der Partei von Regierungschef José María Aznar vorausgesagt, der den Sozialisten 1996 die Macht entrissen hatte und seit 2000 sogar mit absoluter Mehrheit regierte.
Die Madrider Terroranschläge vom 11. März mündeten für die Konservativen jedoch in eine politische Katastrophe. Ihr ungeschicktes Taktieren - Innenminister Ángel Acebes nannte noch immer die baskische Eta als Hauptverdächtigen, als weltweit längst ausgemacht schien, daß Islamisten die Urheber des Massakers waren - sowie wütende Medien und eine Linke, die entschlossen war, das Desaster für sich auszunutzen, kosteten die PP schließlich die Macht.
Seitdem beobachten die Konservativen konsterniert, mit welcher Wucht der sozialistische Premier José Luís Rodríguez Zapatero Spanien in ein anderes Land verwandelt. Homo-Ehe oder weitgehende Entwertung des Religionsunterrichts sind für viele, tiefkatholische Spanier ein Schock. Auch kritisiert die PP-Spitze bei jeder Gelegenheit, daß die sozialistische Regierung gegenüber separatistischen Fliehkräften am Rande des Königreichs die Zügel schießen lasse. In Katalonien koalieren die Sozialisten auf Regionalebene mit Grünen und der offen für Unabhängigkeit eintretenden "Republikanischen Linken von Katalonien" (ERC). Im Baskenland streiten zwar vordergründig spanische Sozialisten und Konservative gemeinsam gegen die Separationsgelüste der regionalen Regierungspartei "Partido Nacionalista Vasco" (PNV). Doch in Madrid führt Zapatero ein Minderheitskabinett und ist auf die Unterstützung von rund einem halben Dutzend Regionalistenparteien angewiesen.
Die Konservativen vermuten, daß der Regierungschef doppeltes Spiel treibt und mit Hilfe der Regionalisten einen regelrechten Kulturkampf gegen die Rechte führt, an dessen Ende nicht bloß ein durch und durch sozialistisches Spanien, sondern vielleicht sogar die Spaltung des Staates stehen könnte. Hinter tagespolitsichen Auseinandersetzungen taucht dabei immer wieder der Schatten des spanischen Bürgerkriegs von 1936 bis 1939 auf. Die beiden großen Lager haben ihre Wurzeln nach wie vor in den damals kämpfenden Fronten der rechten Franco-Bewegung und der linken "Republikaner". Die historischen Wunden, die sich Linke und Rechte damals geschlagen haben, erklären manche kaum nachvollziehbare Schärfe in heutigen Debatten.
Trotz des Traumas von 2004 bietet die PP jedoch ein erstaunlich geschlossenes Bild. Oder ist es bloß der Burgfrieden der Beleidigten, die sich in der Misere aneinanderklammern? Zu kurzem innerparteilichen Streit kam es, als der ehemalige konservative Außenminister Josep Piqué öffentlich monierte, daß in der Partei noch immer fast ausschließlich die alten Fahrensleute von Ex-Premier Aznar den Ton angäben, was der Erneuerung im Wege stehe. Parteichef Mariano Rajoy wies dies heftig erzürnt zurück - Piqué mußte sich entschuldigen. HH |
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