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Die Sprache der Bewohner Latiums, die sich nach und nach über ganz Italien und den Ostteil des Kaiserreiches ausbreitete, gehört neben dem Oskischen und Umbrischen zu einer italischen Sprachgruppe, die zweifellos zum ItaloKeltischen gehört, das seinerseits zu den sogenannten indo-europäischen Sprachen zählt. Im wesentlichen eine mündliche, gesprochene Sprache (die ’stumme’ Lektüre kommt in Rom erst um das 4. Jh. n.Chr. auf), wurde Latein als die Sprache der Bauern definiert, d. h. als eine Sprache, die besser Konkretes als Abstraktes ausdrücken kann. Doch unter dem Einfluß der Philosophie und durch Schriftsteller wie Lukrez , Cicero und später Seneca wurde das Lateinische zunehmend abstrakter. Diese Erweiterung um abstrakte Begrifflichkeiten wurde weiter fortgesetzt und kam durch die christlichen Autoren zu höchster Vollendung, die in Latein alle philosophischen und theologischen Probleme ausdrücken konnten und dem Mittelalter wie der Moderne ein vollkommenenes Kommunikationsinstrument bereitstellten. Der älteste bekannte lateinische Text ist eine Inschrift auf einer Fibel, die in Praeneste gefunden wurde und auf etwa 600 v.Chr. zu datieren ist. Doch die ältesten literarischen Texte, die des Livius Andronicus , stammen aus dem 3. Jh. In der Sprachgeschichte des Lateinischen unterscheidet man üblicherweise vier große Perioden: Die archaische Zeit (3.-1. Jh. v.Chr.) mit Plautus , Ennius , Terenz Lind Lucilius ; die klassische Zeit (1. Jh. v.Chr.) mit Cicero und Caesar ; die Kaiserzeit (1.-2. Jh. n.Chr.) mit Livius , Vergil , Horaz , Seneca , Lukan , Juvenal , Tacitus und Apuleius ; die nachklassische Zeit (ab dem 3. Jh.) mitTertullian , Hieronymus , Augustinus , Ammianus Marcellinus und Prudentius. Dennoch können bei den Schriftstellern derselben Epoche je nach literarischer Schule, stilistischer Tendenz sowie Persönlichkeit des Autors große Unterschiede auftreten. In einem bestimmten Sinn kann man sogar sagen, daß man nie aufgehört hat, Latein zu sprechen, denn es hat keinen tiefen Einschnitt gegeben. Um das 6. Jh. hat sich die lateinische Sprache zusehends ausdifferenziert und so die romanischen Sprachen (Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Rumänisch, Romanisch) hervorgebracht. Als Sprache der Gelehrten und der katholischen Kirche blieb es bis weit ins 18.Jh. und ist, denkt man die Enzykliken der Kurie, teilweise noch bis heute lebendig.
Latein ist eine flektierende Sprache, d.h. daß die Beziehungen zwischen Substantiven, Adjektiven und Pronomen innerhalb eines Satzes oder Satzteiles durch Endungen oder Endsilben, die je nach Fall (casus) oder grammatischer Funktion unterschiedlich sind, ausgedrückt werden. Es gibt insgesamt sechs Kasus, doch besitzt nicht jedes Wort die gleiche Endung, da sie in Deklinationen, verschiedene morphologische Klassen, unterteilt sind. Das Latein hat wie das Deutsche drei Geschlechter: Maskulinum, Femininum und Neutrum. Das Verbalsystem ist mit dem Deutschen nicht zu vergleichen.
Darüber hinaus spielt bei lateinischen Worten die Quantität, die Abfolge von langen und kurzen Silben, vor allem in der Dichtung, eine große Rolle. Die Betonung der Worte in diesem Spiel von lang und kurz war für die Entwicklung des Lateinischen zu den romanischen Sprachen von einiger Bedeutung. Heute spricht man das Latein möglichst in der Betonung der Kaiserzeit aus. Die Aussprache, wie sie in der katholischen Kirche üblich ist, stammt wahrscheinlich aus dem 5.-7. Jh. |
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