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Mitten in der heißen Phase des Landtagswahlkampfs steht Berlin Kopf. Bei CDU und SPD scheinen reihenweise die Sicherungen durchzuknallen. Wie sich die beiden "Volksparteien" (das sind sie in Berlin schon längst nicht mehr) gegenseitig die Bälle zuspielen, ist eher ein Fall für den Satiriker als für den Parlamentskorrespondenten.
Bei der letzten Sitzung des alten Abgeordnetenhauses ging es hoch her: SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit verhöhnte den CDU-Fraktionsvorsitzenden Nicolas Zimmer. "Sie haben heute Ihre Abschiedsrede gehalten", gluckste er und vermerkte süffisant, es sei doch "doof" für Zimmer, solche Abschiedssprüche auch in der Zeitung lesen zu müssen.
Der Hintergrund: CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger angekündigt hatte, als Fraktionschef in Berlin zu bleiben, wenn er nicht Bürgermeister werde. Und das kann ja dann nur heißen: Zimmer muß sein Amt abgeben.
Dem FDP-Fraktionschef Martin Lindner warf Wowereit vor, ein klares Konzept zu vertreten, nämlich das "der Reichen": "Sie vertreten zehn Prozent der Bevölkerung." Diese zehn Prozent wollten, daß sich nur die stärkeren, also sie selbst, durchsetzen könnten. Lindner konterte, daß nur "die Reichen" sich die Politik des rot/roten Senates "leisten" könnten. Lindner: "Die bringen ihre Kinder auf Privatschulen." Er vertrete dagegen den Mittelstand.
Überraschend heftige Kritik zog sich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zu. Und zwar aus den eigenen Reihen! "Man freut sich manchmal, wenn er nichts sagt", bekannte sein Regierender Bürgermeister im Hinblick auf folgende Interview-Äußerung seines Genossen (in der "Zeit") über die Lage Berlins 16 Jahre nach der Vereinigung: "Lassen Sie mich mal so sagen: Der Schutt ist abgeräumt. Wir leben hier nicht mehr im Jahre 1945. Sondern wir leben im Jahre 1947." Was für ein Armutszeugnis für die eigene Arbeit! Das hat Wowereit offenbar schwer getroffen.
Die CDU kann Sarrazins Steilvorlage aber kaum ausnutzen. Ihr Spitzenmann Pflüger ist in die denkbar größte Falle getappt, als ihm bei einem Rededuell mit Wowereit lauter Sätze passierten wie: "Da hat der Wowereit eben auch völlig zu Recht einen der wesentlichen Gründe genannt." Und: "Zunächst einmal hat der Wowereit mit einer Bemerkung wieder völlig recht." Und auch noch: "Und noch einmal: Das ist nicht Wowereit vorzuwerfen. Tue ich auch nicht." Schließlich auch noch: "Der Herr Wowereit hat es in den letzten fünf Jahren ganz gut hingekriegt." Die SPD sendet diese aus dem Zusammenhang gerissenen Sätze jetzt in der ganzen Stadt als Kinospot. Mit dem einen Satz: "Dem haben wir nichts hinzuzufügen." |
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