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Der etwa von 280 bis 205 v.Chr. lebende Autor war der erste Schriftsteller lateinischer Sprache. Er stammte aus Tarent und kam in noch jungen Jahren nach der Niederlage des Pyrrhus und der Einnahme der Stadt 272 v.Chr. als Sklave nach Rom. Freigelassen von seinem Herrn trug er dessen Gentilnamen Livius und wurde Grammatiklehrer. Sein erstes Stück, von dem man nicht weiß, ob es eine Tragödie oder eine Komödie war, wurde 240 anläßlich der römischen Spiele aufgeführt. Über seine Tragödien ist nur bekannt, daß sie sich um den trojanischen Sagenkreis rankten; von seinen Komödien, deren Titel nicht einmal gesichert sind, weiß man noch weniger. Er übersetzte die homerische Odyssee in das saturnische Versmaß . Dies tat er aber höchstwahrscheinlich nicht, urn seinen Schülern einen Interpretationstext zu liefern oder den Römern eine Übersetzung des homerischen Epos zu bieten; er wollte zweifellos Rom das erste Nationalepos schenken. Tatsächlich machten auch um diese Zeit manche Überlieferungsstränge Odysseus zu einem italischen Helden, zum Mittler zwischen Griechenland und Italien , wo man übrigens auch mehrere seiner Stationen, ja sogar seinen Tod, räumlich festmachen wollte. In diesem Sinn versteht sich die Odyssee des Livius als eine geistige Übernahme des Hellenismus in römischem Gewand. Andererseits schützte Rom zur gleichen Zeit die Griechen gegen die Illyrer, deren Eroberung von 229 bis 219 v.Chr. währte. Somit machten die zeitpolitische Aktualität einerseits wie die Sage andererseits das damalige Rom zu einer den Griechen wohlgesonnenen Stadt, der Livius ein Epos verschaffte, das der Berufung Roms besser Ausdruck verlieh, als dies ein National- oder Lokalepos im eigentlichen Sinne je vermocht hätte. |
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