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ist die Wissenschaft von den f o s s i l e n H o r n i n i d e n (Menschenartigen) . Streng genommen beginnt ihr Bereich also mit den Anfängen einer selbständigen Phylogenie der Hominiden. Da es unsicher ist, welcher Zeitraum hierfür anzusetzen ist und mit welchen Formtypen diese selbständige Geschichte begonnen hat, können wir die untere Grenze des Bereiches, den die Paläanthropologie zu berücksichtigen hat, nicht festlegen. Vielfach werden paläanthropologischen Übersichten phylogenetische Kapitel vorausgeschickt und dabei vergleichend-anatomisch und paläontologisch die Primaten überhaupt besprochen. Das ist durchaus am Platze, denn ohne eine vergleichend-primatologische Grundlage ist ein Verständnis für die Struktur der Hominiden nicht zu gewinnen. Das ist auch in diesem Lexikon berücksichtigt worden (Abstammung des Menschen; Primaten, Systematik).
Eine Abgrenzung des Arbeitsgebietes der Paläanthropologie nach oben ist nun ebenfalls nicht leicht zu geben. Fo s s i 1 nennen wir (meist) den Zustand eines Knochens, wenn seine organischen Bestandteile völlig oder doch annähernd durch Mineralstoffe ersetzt worden sind. Es ist klar, daß damit keineswegs immer die gleichen Zeithorizonte festgelegt werden, denn der Prozeß der Fossilisierung kann unter Umständen in sehr verschiedenem Tempo ablaufen. Und an der oberen Grenze, beim Übergang in die geologische Gegenwart, liegt häufig ein Zustand vor, der als s u b f o s s i 1 bezeichnet wird und auf den sukzessive nach oben der ›rezente, Zustand folgt. Auch morphologisch ist eine Grenze nicht festlegbar, wie man aus der systematisch nicht vertretbaren Bezeichnung Homo sapiens f o s s i l i s, schließen könnte. Die pleistozänen Vertreter des Homo sapiens sind durchaus als fossil zu bezeichnen, gehen aber im Postglazial sowohl in ihrem Fossilisierungsgrad als auch in ihrer Morphologie eben in die rezenten Vertreter über. Manche Autoren rechnen Untersuchungen an zeitlich relativ jungen prähistorischen Skeletten aus dem Neolithikum oder der Bronzezeit oder aus noch späterer Zeit zur Paläanthropologie, andere Autoren legen die obere Grenze des paläanthropologischen Materials wesentlich tiefer oder es wird überhaupt keine Definition versucht. Sind die Skelette der alemannischen Reihengräber schon oder noch nicht paläanthropologisches Material? Und wie soll man etwa die Mesolithiker des ältesten Jericho (etwa 8000 v. Chr.) beurteilen? Bei pleistozänen Formen allerdings werden meist schon von der Morphologie her kaum derartige Begrenzungsprobleme auftauchen und sonst auch deshalb nicht, weil pleistoziine Formen durchweg fossilisiert sind.
So ist also der Arbeitsbereich der Paläanthropologie nach oben ebenfalls schwer abgrenzbar. In diesem Artikel ist so verfahren worden, daß alles, was eindeutig typisch Homo sapiens ist, nicht mehr behandelt wird, auch wenn es pleistozän und fossil ist. Wir schränken also hier den Arbeitsbereich der Paläanthropologie ein auf alles, was v o r Homo sapiens liegt. Eine allgemeine Verbindlichkeit kommt dieser Einschränkung natürlich nicht zu, sie empfiehlt sich aber für den vorliegenden Zweck. Es wird also nur die Artengeschichte des P l e i s t o z ä n s berücksichtigt bis zur Entstehung des Typus Homo sapiens, die vielfältige -; Rassengeschichte dieser Menschengruppe wird hier nicht mehr berücksichtigt. So erhalten wir wenigstens geologisch-chronologisch und auch morphologisch einen Rahmen, der sich klar abstecken läßt.
Der Bereich der Paläanthropologie beginnt mit dem Tier- M e n s c h- LI b e r g a n g s f e 1 d (morphologisch nicht durch Plio- zänfunde belegt, theoretisch aber mit großer Wahrscheinlichkeit. in das obere P 1 i o z ä n zu datieren), er endet mit dem Verschwinden der letzten, nicht dem typischen Homo sapiens entsprechenden Hominiden. Da wir oberhalb des Tier-MenschÜbergangsfeldes keine Hominidenfunde haben, die dem Pliozän angehören früher wurden einige der A u s t r a l o p i t h e c i n a e (Prähomininen) für noch tertiär gehalten , beginnt (zur Zeit) der Aufgabenbereich mit dem ersten Auftreten von Vertretern der humanen Phase in der Abstammungsgeschichte der Hominiden. Sie gehören, entsprechend unserer gegenwärtigen Kenntnis, zumeist dem unteren Pleistozän an (V i 1 l a f r a n c h i u m ). |
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