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Polen will vertriebenen Deutschen und auch ihren Nachkommen den Grunderwerb erschweren. Ein nunmehr verabschiedeter Gesetzentwurf sieht vor, daß Ausländern, die in Polen Immobilien besaßen und vor 1990 verloren, der Rückerwerb erschwert wird. Der Entwurf wird propagandistisch als eine Reaktion auf die jüngste Briefkampagne deutscher Vertriebener, die ihr Eigentum zurückverlangten, gewertet.
Tatsächlicher Hintergrund aber ist das 1997 verabschiedete "Gesetz über die Immobilienwirtschaft"; das dem "Vorbesitzer" ein Vorkaufsrecht beim Erwerb der Immobilien einräumt. Das Gesetz war zunächst vor allem für diejenigen verabschiedet worden, die unter der kommunistischen Herrschaft in Polen ihr Eigentum durch Enteignungen verloren hatten. In Warschau war niemand auf die Idee gekommen, daß als Vorbesitzer sich auch deutsche Eigentümer melden könnten.
Die vom polnischen Kabinett verabschiedete Novelle stellt klar, daß der Kreis der "Vorbesitzer" im Sinne des Immobiliengesetzes auf polnische Staatsbürger zu beschränken sei. Nach den Worten von Regierungssprecher Jaroslaw Sellin sollen damit die Möglichkeiten deutscher Staatsbürger, die "früher in den deutschen Ostgebieten Immobilien besaßen", vom Rückerwerb ihres früheren Eigentums ausgeschlossen werden. "Die Annahme der Gesetzesnovelle durch die Regierung ist die Folge beunruhigender Signale, die uns aus Deutschland erreichten. Sie ist unsere Reaktion auf die organisierte Briefaktion, in der die Rückgabe der einst Deutschen gehörenden Gebiete gefordert wird", erklärte Sellin.
Auch die Vorsitzende des BdV, Erika Steinbach , hatte die Rückgabe von Vertriebeneneigentum oder eine Entschädigungsregelung gefordert und von der Bundesregierung verlangt, diese Frage mit den Beitrittsverhandlungen Polens mit der EU zu verknüpfen. Diese Äußerungen hatten bei den polnischen Besitzern sowie in den Medien für große Unruhe gesorgt. Kurz nachdem in Warschau das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen hatte, hatte Kohl erneut den Vertriebenen versichert, der EU-Beitritt Polens und Tschechiens werde die Lösung offener bilateraler Fragen erleichtern. Freizügigkeit und Niederlassungsrecht seien eingeschlossen, hatte er nach Angaben seines Sprechers Otto Hauser Ende August bei einem Treffen mit der CDU-Bundestagsabgeordneten und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, gesagt. Diese Äußerungen schlugen in Warschau ein wie die berühmte Bombe.
Einen Tag später erklärte Außenamtssprecher Pawel Dobrowski, daß Polen zwar den Grundsatz der Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU anerkenne, dieser dürfe aber nicht für deutsche Vertriebene gelten. Polen werde eine Rückkehr Vertriebener nicht akzeptieren: "Das wäre, als ob man zur Situation vor 1945 zurückkehren wollte und Polen erinnert sich zu gut, was im Jahr 1939 passiert ist, wer den Krieg entfesselt hat und welchen Preis Polen dafür bezahlen mußte." J. N.
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