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Seit vielen Jahren schon entscheidet sich ein großer Teil der Wähler für die Partei des "kleineren Übels". Haben wir uns an diese Art der Wahlentscheidung bereits gewöhnt, so hat sich diese Entartung des Parteienstaates in den letzten Jahren noch verschärft: Jetzt gewinnen Parteien Wahlen nicht deshalb, weil ihre politische Arbeit oder die Überlegenheit ihres Führungspersonals überzeugt, sondern ausschließlich nur noch, weil der Kontrahent auf der ganzen Linie versagte. Das war so bei den Landtagswahlen 1999, als die CDU angesichts des Chaos in der rot-grünen Bundesregierung siegte, und das wird im Februar ebenso sein, nur diesmal mit umgekehrtem Vorzeichen.
So droht bei der ersten Landtagswahl nach dem CDU-Desaster am 27. Februar 2000 in Schleswig-Holstein die CDU unterzugehen, obwohl sie noch vor einem halben Jahr, wie Umfragen zeigten, sich in einem unaufhaltsam erscheinenden Aufstieg befand. Niemand schien den Sieg der CDU unter ihrem Spitzenkandidaten Volker Rühe aufhalten zu können. Die rot-grüne Landesregierung zeigte deutlich Signale der Demoralisierung. Und sie hatte dazu auch allen Grund. Heide Simonis, die einzige Ministerpräsidentin in Deutschland, hatte den Schwung ihrer ersten Legislaturperioden verloren. Sie schien müde und uninteressiert, nachdem ihre Hoffnung auf einen Ministerposten in Schröders Bundesregierung sich nicht erfüllt hatte. Mit ihrem grünen Koalitionspartner, der nicht über einen einzigen bemerkenswerten Kopf verfügt, lag die SPD über Kreuz. So liefen zukünftige Wähler in hellen Scharen dem scheinbar alternativen Regierungskonzept des neuen starken Mannes der CDU, Volker Rühe, zu.
Das hat sich nun schlagartig mit den Finanzskandalen der CDU umgekehrt. Am 21. Januar hörte man, daß die Union nur noch auf 35 Prozent käme, während die SPD mit 45 Prozent rechnen könne und die FDP mit sieben Prozent. Die Grünen schlingern allerdings an der Fünf-Prozent-Grenze herum und könnten aus dem Landtag fliegen. die Partei der Dänischen Minderheit, der SSW, der zum ersten Mal über die Landesliste kandidiert, könnte sogar einen dritten Abgeordneten gewinnen. Theoretisch könnte es dennoch zu einem Ministerpräsidenten Rühe kommen, wenn die Grünen unter die Fünf-Prozent-Hürde fielen und die FDP einiges von den der CDU verlorengehenden Stimmen auffängt. Aber das ist eine nur vage Hoffnung.
Wäre die Fortsetzung einer linken Regierung eine Katastrophe? Der Vergleich der Wahlprogramme von SPD und CDU, nachdem Rühe dem Programm seinen Stempel aufgedrückt hat, zeigt kaum Unterschiede.
Im übrigen ist es nicht ausgeschlossen, daß, wenn die Grünen aus dem Landtag herausfallen, die SPD sich mit der im Aufwind befindlichen, stets linksliberal eingestellten FDP verbündet. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen wäre wohl niemand bereit, auf das bisher von dem schillernden Landesvorsitzenden Wolfgang Kubicki gegebene Wort eingehen zu wollen, einen größeren Betrag zu verwetten. Dr. Hübner
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