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Liebe und Eifersucht, Treue und Verrat, ja sogar Mord - das sind Themen, die Leser einst und jetzt faszinieren. Was heute die Seifenopern im Vorabendprogramm sind, waren - ist es vermessen zu sagen? - im Mittelalter die Lieder fahrender Sänger. Ein besonderer Publikumserfolg war zweifellos das Nibelungenlied, von dem Goethe sagte, jeder solle es lesen. Kein Wunder also, daß dieses Epos um Siegfried und Kriemhild, Brunhild und Hagen zu den ewigen Bestsellern gehört. An Fürstenhöfen und Burgen sangen die Spielleute einst das 2.400 Strophen umfassende Lied - ein abendfüllendes Programm. Heute quälen sich nicht mal mehr Schüler mit der mittelhochdeutsch en Sprache und dem Geschehen zwischen Xanten, Worms und der Etzelburg, dem Ort des Nibelungen-Untergangs. Wie aktuell das Nibelungenlied heute noch interpretiert werden kann, das beweist Walter Hansen in dem dtv-Band "Wo Siegfried starb und Kriemhild liebte". Er ist den Schauplätzen des dramatischen Geschehens nachgegangen, die heute zum großen Teil noch erhalten sind. Burgen, Dome, Orakelstätten und Klöster zwischen Worms am Rhein und Esztergom vor Budapest bilden das Bühnenbild dieses bedeutendsten Heldenepos des Mittelalters - Hansen war mit dem Fotoapparat vor Ort und hat meisterhaft eine Stimmung eingefangen, die einstimmt auf den Text. Zentrale Passagen hat er im Original und in einer zeitgemäßen Prosaübersetzung zu diesen Fotos gestellt. Kommentare und kulturhistorische Erklärungen runden das Buch ab. - Ein famoser Reiseführer in das Mittelalter.
Walter Hansen: "Wo Siegfried starb und Kriemhild liebte. Die Schauplätze des Nibelungenliedes", dtv, München 2004, zahlr. farbige und sw Abb., brosch., 180 Seiten, 19,50 Euro
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