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Seine Plastiken sind heute auf vielen öffentlichen Plätzen und vor öffentlichen Gebäuden zu finden in Berlin und Frankfurt/Main, in Chemnitz oder Darmstadt und seit 1999 auch im us-amerikanischen Savannah. 1983 erhielt er den Voluma-Preis St. Gallen. Reinhard Grütz, der Ostpreuße aus dem Kreis Labiau, gehört zu den Künstlern, denen es gelingt, mit sparsamsten Mitteln verblüffende Ergebnisse zu erzielen. Es sind geometrische Figuren, die in den Himmel streben, die Wolken oder auch sie umgebende Gebäude widerspiegeln. Sie passen sich der Umgebung an, ohne mit ihr zu verschmelzen; weisen auf Besonderheiten hin, sind so markant, daß der Vorübergehende verharrt und aufblicken muß.
Geboren wurde der Bildhauer, Maler und Designer Reinhard Grütz am 26. April 1938 in Berg-höfen, Kreis Labiau. Nach der Flucht gelangte er mit seiner Familie zunächst nach Mitteldeutschland, wo er in Eisenach die Schule besuchte. Nach einem Kunstschmiedepraktikum studierte Grütz von 1959 bis 1964 an der Hochschule für Formgestaltung in Halle/Saale, Burg Giebichenstein. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch war es ihm untersagt, eine Anstellung als industrieller Formgestalter zu erhalten. So baute er sich in Chemnitz eine Existenz als Designer und freiberuflicher Künstler auf, gründete eine Familie. Als er allerdings für sich und die Seinen einen offiziellen Ausreiseantrag stellte, wurde es still um den Künstler; die Aufträge blieben aus.
Auch der Neuanfang im Westen, in Darmstadt, wohin er 1981 übersiedelte, war nicht leicht. Nach und nach aber trafen öffentliche Aufträge ein. Ausstellungen seiner Arbeiten ließen ihn schließlich auch im Westen bekannt werden.
Bis in den August sind nun in Chemnitz gleich zwei Ausstellungen zu sehen. In der Galerie Borssenanger zeigt er Beispiele seiner Plastiken aus Edelstahl; sie tragen Titel wie Lichtgitter, Welle, Winkelzug, Balance oder Barrikade und sind als zeichenhafte Symbole für verarbeitete Erlebnisse zu betrachten. Die malerischen Arbeiten hingegen, die in der Schloßkirche Chemnitz zu sehen sind, mögen sich dem Betrachter nicht gleich erschließen. Sie sind geprägt von Schwermut und manches Mal wohl auch von Aggression, die Grütz immer dann überfallen, "wenn die Lemuren mich umkreisen und schwerwiegende Erlebnisse hochkommen. Dann werden weit zurückliegende Erlebnisse wach, die mein persönliches Schicksal bestimmt haben: Vertreibung, Verluste, Verfolgung. Am schmerzlichsten ist das Gefühl der Heimatlosigkeit, die den vertrauten Ort, die Angehörigen, die Sprache beinhaltet. Schmerzlich ist auch die fehlende Anteilnahme, die Verunglimpfung, die heuchlerische Zuwendung zum Übernächsten. Katastrophen erscheinen mir denn wie Zurechtweisungen, die Unschuldige, doch auch Schuldige treffen." So ist zum Beispiel eine Serie über Vulkanausbrüche entstanden, aber auch eine über Vertreibung. "Es ist das Schmerzliche, das nicht zuende gehen will."
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