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Vor 30 Jahren, am 26. Oktober 1973, hob vom französischen Flugversuchszentrum Istres bei Marseille der erste Prototyp des "Alpha-Jets" vom Boden ab, um seinen Jungfernflug zu absolvieren. Der zweite Prototyp führte am 9. Januar 1974 im bayerischen Oberpfaffenhofen seinen Erstflug durch. Das Flugzeug war eine Gemeinschaftsentwicklung der Firmen Dornier und Breguet, die sich in einem Wett- bewerb gegen die konkurrierenden Entwürfe von VFW/Fokker (deutsch-niederländisch) und MBB/Aerospatiale (deutsch-französisch) durchgesetzt hatte. Dieser Wettbewerb war am 1. Mai 1969 vom französischen und bundesdeutschen Verteidigungsministerium gemeinsam ausgeschrieben worden. Beide Luftwaffen hatten einen Bedarf an Schulflugzeugen, die sich gleichzeitig zur Luftnahunterstützung einsetzen ließen. Die deutsche Bundesluftwaffe beabsichtigte, mit diesem Muster die veralteten Fiat G 91 zu ersetzen.
Der "Alpha-Jet" wird von zwei SNECMA-Larzac-04-Triebwerken angetrieben, die der Maschine eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 1.019 Kilometern in der Stunde verleihen. Die Maschine hat eine Länge von 12,29 Metern, eine Spannweite von 9,11 Metern und führt im Rumpf 2.050 Liter Treibstoff mit. Unter dem Rumpf sind zwei 27-Millimeter-Mauser-Maschinenkanonen installiert, und unter den Flügeln befinden sich vier Außenlastträger, an denen Bomben, Bombenbehälter, Raketen, aber auch Treibstoffbehälter angebracht werden können.
Die belgische Regierung bekundete frühzeitig ein Interesse am "Alpha-Jet", und so erhielt die dortige Luftfahrtindustrie einen Produktionsauftrag, der dem Anteil der bestellten Flugzeuge entsprach. Die französischen Luftstreitkräfte orderten 200 Exemplare, die Bundesluftwaffe bestellte 175, und 33 gingen an die belgische Luftwaffe. Das hätte eine Produktionszahl von 408 Einheiten bedeutet. Insgesamt wurden 74 europäische Unternehmen am Bau beteiligt. 1977 konnte die Serienfertigung beginnen. Sie endete in Deutschland am 26. Januar 1983 mit der Auslieferung der 175. Maschine, wie geplant. Darüber hinaus gelang es den geschäftstüchtigen Franzosen, den "Alpha-Jet" noch in andere Länder zu exportieren. Die Bundesregierung war zu "vornehm", um die Werbetrommel für ihr Produkt und damit für die eigene Luftfahrtindustrie zu rühren. Die Luftstreitkräfte von Kamerun und Togo, beides frühere deutsche Kolonien, die ab 1918 unter französischer Verwaltung standen, die Elfenbeinküste, Nigeria, Qatar, Marokko, Portugal und Ägypten haben den "Alpha-Jet" beschafft. So konnte die ursprünglich vorgesehene Produktionszahl auf insgesamt 512 gebaute Exemplare gesteigert werden. Damit wurde der "Alpha-Jet" zu einem der meistproduzierten Militärflugzeuge der Nachkriegszeit. Die Bundesluftwaffe hat den "Alpha-Jet" in den 90er Jahren aus "Kostengründen" außer Dienst gestellt, alle übrigen Nutzer des Flugzeuges setzen ihn bis heute ein.
Der "Alpha-Jet" ist für die bundesdeutsche Luftfahrtindustrie in zweierlei Hinsicht ein Wendepunkt gewesen. Zum einen markiert er das Ende von Bemühungen, ein nur in Deutschland entwickeltes Kampfflugzeug zur Serienreife zu entwickeln und in der bundesdeutschen Luftwaffe einzuführen. Die für teures Steuergeld in den 60er und 70er Jahren entwickelten Militärflugzeuge Dornier Do 31, VJ 101 und VAK 191 wurden wegen angeblicher Änderungen des Bun-
deswehrbedarfs und der Nato-Doktrin nicht gebaut. Welches "übergeordnete" politische Interesse bestanden haben mag, eine deutsche Luftfahrtindustrie zu sabotieren, sei dahingestellt.
Dennoch hat der "Alpha-Jet" aus deutscher Sicht auch etwas Positives gehabt. Erstmalig war die deutsche Luftfahrtindustrie bei Konstruktion und Fertigung eines Kampfflugzeuges nach 1945 wieder beteiligt gewesen. Mit dem Bau des "Alpha-Jet" haben Frankreich und Deutschland gemeinsam einen Vorstoß gegen die übermächtige US-amerikanische Militärluftfahrt un-
ternommen und den europäischen Gedanken auf der Basis der Gleichberechtigung vorangetrieben. Daß der "Alpha-Jet" letztlich die Serienfertigung des rein deutschen, für die Nachfolge der veralteten Fiat G 91 entwickelten VAK 191 verhinderte, ist dabei ein Wermutstropfen.
Der "Alpha-Jet": Mit seinem Personal und seiner Zusatzausrüstung |
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