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Warum funktioniert die Integration der Türken in Deutschland in der breiten Masse nicht?
Integration bedeutet in der Soziologie die Einbindung einer Minderheit in eine größere soziale Gruppe. Ungezählte Zuwanderer integrieren sich sehr schnell, auch wenn sie aus afrikanischen oder nahöstlichen Kulturkreis en kommen, weil sie sich integrieren wollen. Sie erhoffen sich dadurch Akzeptanz, Respekt und wirtschaftliche Sicherheit. Sie schicken ihre Kinder wohlüberlegt je nach Eignung auf weiterführende Schulen und fördern den Zuwachs an Bildung bis hin zum universitären Abschluß. Die Freundeskreise sind nicht auf die eigene Nationalität beschränkt, sondern gehen darüber hinaus. Sie wirken im Karnevalsverein oder in christlich-muslimischen Gesprächskreisen mit und ihre Religion hält sie nicht davon ab, sich als Teil der deutschen Gesellschaft zu begreifen. Manchmal entwickelt sich diese freiwillige Integration auch erst in der zweiten Generation. Doch in der Masse gelingt die Einbindung in unsere Gesellschaft nicht.
Losgelöst von den positiven Einzelfällen sieht es in Deutschland so aus: Wir haben die Türken zwischen 1961 und 1972 als Gastarbeiter der ersten Welle auf Zeit in unser Land geholt. Gäste geben ihre Kultur nicht auf, sie pflegen sie noch intensiver, um das Fehlen heimatlichen Bodens emotional auszugleichen. Die Türken kamen als Einwanderer in unser Land, nicht aber in unsere Gesellschaft. Und als solche haben sie ihre Familien nachgeholt. So ist es in der breiten Masse bis heute geblieben.
"Nach der islamischen religiösen Doktrin darf sich ein Muslim keiner nichtislamischen Gemeinschaft einfügen", stellt der türkischstämmige Islamexperte Bassam Tibi dazu fest. Dieses Verbot fördere islamische Parallelgesellschaften. Tatsache ist, daß die Masse der Türken sich nicht hiesigen Sport- oder Schützenvereinen anschließt oder in sonstigen alteingesessenen gesellschaftlichen Gruppen ehrenamtlich mitwirkt. Sie leben untereinander, bilden - gewollt oder nicht - Ghettos, deren Namen etwa Berlin-Kreuzberg, Hamburg-Wilhelmsburg und Köln-Mülheim sind. Sie heiraten untereinander und pflegen zuvörderst ihre Muttersprache. Ihre Zeitungen sind in ihrer Sprache verfaßt und die lithurgische Sprache in den Moscheen ist sowieso Arabisch.
Neben der religiösen Doktrin gibt es aber auch eine zweite Dimension: Deutschland läßt die Parallelgesellschaften zu, denn, so Bassam Tibi, "aufgrund ihrer Vergangenheit verbieten sich die Deutschen ein Konzept zur Integration von Fremden" und die Durchsetzung einer Leitkultur als Wertekonsens. Während Migranten in den USA und etwa Australien Sprachtests, Geschichtsprüfungen absolvieren und die Kenntnis der wichtigsten Normen der amerikanischen Verfassung nachweisen müssen, setzten wir auf freiwillige Integration. Wir tun uns damit schwer, die Integration mit Nachdruck durchzusetzen. Noch schwerer tun wir uns damit, den Unwilligen die Aufenthaltserlaubnis wieder zu entziehen und die davon Betroffenen abzuschieben.
Deutschland kann nur integrieren, wenn es eine Werteordnung herstellt, die sie als Leitkultur zum Maßstab für die Eingliederung macht. Doch davon ist dieses Land weit entfernt. |
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