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Sind die Behörden der Lebensmittelüberwachung überhaupt noch lernfähig? - Die Frage drängt sich nach den neuesten Meldungen zum Thema Gammelfleisch auf. Das Verständnis der Verbraucher jedenfalls ist am Ende. Im Januar 2006 löste stark überlagertes Wild Ekel aus. Im November 2005 fanden sich in Kühlhäusern an die 300 Tonnen Gammelfleisch. Im März 2005 hatten Mitarbeiter einer Supermarktkette Verdorbenes für Kunden wiederaufbereitet. Die Kunden straften das Unternehmen ab. Jetzt geht es um verdorbenes Frostfleisch - entdeckt durch anonyme Hinweise.
Jedesmal tappten die bayerischen Lebensmittelüberwacher im Dunkeln. Der teure, aus Steuern finanzierte Apparat, der Kunden nicht schützt, empört die Verbraucher. Ein veraltetes, in Länderkompetenzen zersplittertes System fördert Skandale .
Die Politiker ließen nach den jüngsten Fleischskandalen neue Verordnungen ausarbeiten - geholfen hat es nicht. Werner Schnappauf, bayerischer Umweltminister (CSU), fordert jetzt Gefängnis- und hohe Geldstrafen - er hofft damit von eklatanten Kontrollmängeln abzulenken. Wer jetzt unangemeldete Tests von fleischverarbeitenden Betrieben verlangt, muß sich die Frage gefallen lassen, warum die nicht längst vorgeschrieben sind. Schnappauf muß sich auch fragen lassen, wieviele anonyme Hinweise gegen die Fleisch-Mafia ohne Folgen geblieben sind.
Die Politik schiebt das seit 2002 geplante Verbraucherinformationsgesetz immer weiter hinaus. Die Behörden scheuen sich, mit ihrem Wissen über bedenkliche Firmen an die Öffentlichkeit zu gehen, weil ohne Rechtsgrundlage Klagen befürchtet werden müssen. Damit stützen sie sich auf die
Erfahrung aus dem Flüssigei-Skandal - die baden-württembergischen Behörden unterlagen in den 80er Jahren vor Gericht, weil sie Nudelhersteller beim Namen genannt hatten. Sie mußten 6,5 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Heute scheint es so, als schützten sich die Behörden selbst mehr als die Verbraucher.
Weitere Schwachpunkte sind die große Zahl der Prüffälle und der rechtliche Umgang damit. "Verstöße gegen das Lebensmittelrecht sind bisher Vergehen, die nur in Ausnahmefällen mit Freiheitsstrafen geahndet werden", beschreibt Schnappauf die unbefriedigende Praxis. Und: "Es muß klar sein, daß wir bei 215000 Lebensmittelbetrieben in Bayern nicht jedes Schweineschnitzel kontrollieren können." Doch das verlangt keiner. Wenn es überhaupt regelmäßige Prüfungen gäbe, wäre das schon ein Gewinn. Statt sich in Forderungen zu übertreffen, sollten Politiker, vor allem die Landesverbraucherschützer, lieber das Versagen der Wurst-Wächter aufklären.
Eine bundeseinheitliche Lebensmittelkontrolle scheitert bisher am Hoheitsstolz der Länder. Die Überwachung scheint vor allem dort zu funktionieren, wo Geld zu verdienen ist - wie bei den BSE-Tests an Schlachtrindern. Das muß sich ändern. Auch wäre ein gemeinsames Vorgehen in der EU dringend nötig. Schließlich hält sich die Fleisch-Mafia in Europa an keine Grenzen. |
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