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Unterhaltung Der kleine Koffer

 
     
 
Nehmen Sie doch bitte den Koffer wieder mit", sagt der junge Mann in Weiß, der die Tür jetzt schließt, hinte der ich einen mir sehr vertrauten Menschen zurücklassen muß. Ja natürlich, der Koffer Aber wohin damit? Nichts war in diesem Moment überflüssiger auf der Welt als sei Inhalt. Nie mehr würde seine Besitzerin etwas davon brauchen. Sie war auf die letzt Reise gegangen. Reisefertig war sie schon lange gewesen.

In der letzten Zeit hatte es noch zwei kurze Krankenhausaufenthalte gegeben, fast wi Zwischenübernachtungen, und da – ic
h hatte sie begleitet – fand ich e gut, daß man nicht lange nach Utensilien dafür suchen mußte. Sie hatte immer de kleinen Koffer fertig gepackt stehen. "Das", sagte sie, "habe ich im Krie gelernt, wenn es hieß, bei Fliegeralarm in den Keller zu gehen. Man nimmt den Koffer un geht." Sollte ich auch einführen, denke ich, denn die jüngste bin ich nicht mehr Ob ich diesen Koffer dafür nehme?

Es ist der "kleine Koffer", wie sie ihn nannte. Aus Leder, schwer, noch lee reißt er einem fast den Arm aus der Schulter – oder sind es die Erinnerungen, die ihm so viel Gewicht geben? Die Ecken mit harten Lederkappen genietet, scheint er kernfes und für die Dauer. Er war für Zwischenübernachtungen gedacht, wenn das große Gepäc schon vorausgeschickt worden war bei großen Reisen, deren Zeugen als Zertifikate ihr Wände tapezierten. Doch reichte ihre Erinnerung in der letzten Zeit viel weiter zurück gingen bis in ihre Kindheit, bis nach Hause. Da war von Reisen durch den Korridor in Reich zu hören, später als junge Krankenschwester in umgekehrter Richtung, von Fluch und Vertreibung hatte sie erzählt, vom Verlust der Geschwister, von Danzig, von ihre Besessenheit schon damals, reisen zu wollen.

Ich erinnere mich an ihre Erinnerungen, die mit mir vergehen werden. – Waru erinnern wir uns ganz besonders stark im Alter an das Vergangene, an die Kindheit "Weil wir da geborgen waren", hatte sie mir einmal gesagt, als wir davo sprachen.

Es ist nicht der erste Koffer, den ich wieder mitnehmen muß. Dieser rührt mic besonders. Vielleicht weil ich inzwischen selbst alt genug geworden bin und gelernt habe zu lauschen und zu verstehen. Ich habe begriffen, daß, wenn mein Koffer mitgenomme werden muß, nicht nur meine Erinnerungen vergessen werden, sondern auch die, von dene mir berichtet wurde. Die Erinnerung von uns Flüchtlingen an das, was uns Heimat war un was die nachfolgenden Generationen – die gibt es längst – nicht mehr verstehen Vielleicht ist das ja auch ganz gut so …

Langes Licht
 
     
     
 
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Bildhauer Georg Fuhg

 
 
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