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"Karlsplatz 199. Hier hat alles angefangen. Hier wurde ich wahrscheinlich gezeugt. Entbunden wurde ich Ende Januar 1935 im katholischen Krankenhaus der Stadt Bad Erzberg in Schlesien. Sie liegt südlich von Breslau und ist eine kleine Gebirgsstadt an der Grenze zu Tschechien." In "Friede, Freude, Eierkuchen" berichtet Wolfgang Tape von seiner Kindheit in seiner Heimat Schlesien.
Kleine Anekdoten schmücken seine Erzählungen, wobei der Beginn des Zweiten Weltkrieg es eine starke Wendung in sein bis dahin so idyllisch-turbulentes Leben bringt.
Die Familie übersteht die Widrigkeiten dieser Zeit, doch nach Kriegsende kommt alles anders als erwartet.
"Da die Wohnungen bisher von uns Deutschen bewohnt wurden, war eigentlich kein zusätzlicher Wohnraum verfügbar. Das war aber für die Polen, von denen immer mehr kamen, kein Problem. Es wurde eine Wohnungskommission gebildet, die aus fünf starken Männern bestand. Sie waren mit Schlagstöcken und Hundepeitschen ausgerüstet und warfen die deutschen Familien kurzerhand aus ihren Wohnungen, wenn sie diese für Polen benötigten. Die Deutschen wurden dann unangemeldet samt Kindern und Kranken aus der Wohnung gewiesen."
Doch allein bei einem Wohnungsrauswurf sollte es bei Wolfgang Tape und seiner Familie nicht bleiben.
"Für uns Deutsche wurde das Leben immer unerträglicher, denn je mehr Polen in die Stadt kamen, um so enger mußten wir Deutschen zusammenrücken ... Nach ungefähr einem Jahr wurde plötzlich per Aushang bekanntgegeben, daß etwa die Hälfte der deutschen Familien sich innerhalb von 24 Stunden für ihre Ausweisung bereitzuhalten hätte."
Die schmerzhafte Erfahrung der Ausweisung aus der eigenen Heimat scheint den Autor noch heute zu verfolgen.
Hierzu kommentiert Tape sehr passend die Rede des 1933 in Breslau geborenen ehemaligen niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Horst Mildes, in der dieser darüber sprach, daß auch die Vertreibung der Ostdeutschen und die Luftangriffe auf unter anderem Hamburg, Berlin und Dresden zu recht als Kriegsverbrechen bezeichnet werden sollten: "Man sollte, wie schon Herr Milde es schreibt, nicht nur einseitig die deutschen Untaten anprangern, sondern auch einmal die unserer damaligen Gegner, die uns gegenüber nicht gerade rücksichtsvoll waren."
Das letzte Drittel des Buches hat Wolfgang Tape jedoch anderen Themen gewidmet als seiner eigenen Lebensgeschichte.
Von dem derzeit aktuellen Thema "Zentrum gegen Vertreibungen" kommt der Autor zu den Mißhandlungen irakischer Häftlinge im Gefängnis Abu Ghureib und philosophiert über Hexenverfolgung im Mittelalter und den plötzlichen Papstkult. Für den Leser ist diese Wendung von der eigentliche sehr gelungenen Erzählung Tapes zu diesen derart sprunghaft wechselnden Themen jedoch zu abrupt. Es entsteht ein völlig unnötiger Bruch.
Wolfgang Tape: "Friede, Freude, Eierkuchen - Ein Heimatvertriebener erinnert sich", Schardt Verlag, Oldenburg 2006, broschiert, 184 Seiten,12,80 Euro 5746 |
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