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Wer heute ein Haus baut, plant mindestens zwei Bäder ein. Wobei hier keineswegs nur auf Funktionalität, sondern auch auf Design und den Wellnessfaktor geachtet wird. Mit allem Drum und Dran wird so das Bad schnell neben der Küche besonders kostspielig. Das Bad ist für uns nicht nur ein Bereich zur Reinigung des Körpers, sondern auch einer zur Entspannung und Erholung der Seele. Eine heiße Dusche nach einem harten Arbeitstag oder ein Schaumbad an einem regnerischen Herbstabend sind für uns selbstverständlich. Doch was heute selbstverständlich ist, ist das Ergebnis einer langen, wechselvollen Geschichte.
Dieser Geschichte widmet sich die Ausstellung "Wasser - Bad - Design", die bis zum 1. August im Altonaer Museum in Hamburg zu sehen ist. Die sehr informative Sammlung von historischen Badewannen und -möbeln ist in Kooperation mit dem weltweit agierenden deutschen Badausstatter Hansgrohe AG entstanden und ist von ihrem Konzept her sehr kurzweilig.
So wird in der Ausstellung darauf eingegangen, welchen Stellenwert Baden und Reinlichkeit in verschiedenen Epoche n und Kulturen eingenommen haben. Schon in der frühen Antike wurde auf Reinlichkeit geachtet. Das belegen Darstellungen aus dem Vorderen Orient, die auf das 10. Jahrhundert v. Christi Geburt datiert werden. Doch hier hatte das Bad vor allem eine religiöse Bedeutung. Zu Zeiten der Römer kam der Entspannungsfaktor hinzu. So zeugen die Reste einer Fußbodenheizung in den Thermen des Herodes in der Bergfestung Masada von einem unerwarteten Luxusbedürfnis. Aber nicht nur für die Reichen im Römischen Reich war das Baden üblich, auch für die gewöhnlichen Bürger und sogar für die Sklaven war ein Besuch in einer der öffentlichen Thermen nicht unüblich.
Vor allem die Ausgrabungen in Pompeji, das 79 n. Christus beim Ausbruch des Vesuvs von glühender Lava verschüttet, aber eben auch für die Nachwelt konserviert wurde, belegen die damaligen Gewohnheiten und Möglichkeiten. Zur Wasserversorgung nutzten die Pompejaner sowohl den Fluß Sarno, Regenwassersammler und Tiefbrunnen, von denen das Wasser über Rohre in die jeweiligen Haushalte, Gaststätten, Wäschereien, Färbereien und Kühleinrichtungen geleitet wurde. Eindrucksvolle Funde von Wasserhähnen und Heizungsrohren belegen, daß fließendes Wasser vor 2.000 Jahren in der 16.000 Einwohner zählenden Stadt eine Selbstverständlichkeit war. Auch das Abwasser wurde fachgerecht entsorgt, so daß Fäkaliengestank Pompejis Straßen kaum verpestet haben dürfte.
Doch mit dem Untergang des Römischen Reiches ging auch das Wissen um die Wasseringenieurskunst verloren. Wo Wasser problemlos über zum Teil bis heute erhaltene Aquädukte kilometerweit transportiert werden konnte, begann nun alles ungenutzt zu verrotten. Selbst die von Karl dem Großen in Aachen erneuerte römische Wasserleitung versiegte im 12. Jahrhundert endgültig. An einen Wiederaufbau oder gar einen Neubau dachte niemand; man gab sich mit einigen Brunnen zufrieden. Dieses Desinteresse war auch eng mit der christlichen Religion verbunden, denn im Mittelalter galt alles Körperliche als verpönt. Die wenigen existierenden Badestuben waren im Grunde nichts anderes als Bordelle für Ritter. Dies ließ die Kirchenfürsten noch mehr gegen das Baden klagen, denn sie fühlten sich nun darin bestätigt, daß körperliche Reinigung automatisch zur moralischen Beschmutzung führen mußte.
Daß mangelnde Hygiene zu Krankheiten führen konnte, wußte man damals nicht. So galt die allgemeine Sündhaftigkeit als Grund für die schlimmen Pesterkrankungen im Mittelalter, gegen die nur das Beten half. Und so stanken die Städte Europas zu Zeiten der großen Pestepidemien nicht nur nach Exkrementen, die einfach auf die Straße geworfen wurden, sondern auch nach verwesenden Leichen, da diese gar nicht so schnell verscharrt werden konnten.
Während in Asien und Afrika bei den nach europäischer Sicht "Unzivilisierten" Baden auch weiterhin üblich war, hielt man im Abend- land selbst nach Beendigung des Mittelalters nicht viel vom Baden. So klagten die "Unzivilisierten" weltweit, daß man die "Herrenmenschen" schon an ihrem Geruch ausmachen könne.
"Um den Ziegengestank unter den Achselhöhlen zu beseitigen, eignet sich vortrefflich das Einreiben der Haut mit getrockneten und zerriebenen Rosenblättern", lautete eine Körperpflegeempfehlung aus dem Jahre 1725. Am Hofe des Sonnenkönigs galt es sogar als schick, seinen Körpergeruch mit verschiedenen erlesenen Parfums zu überdecken, gebadet wurde nur ein-, zweimal im Jahr. Doch mit Beginn der Aufklärung, dem Erstarken des Bürgertums und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Hygiene waren es vor allem die gehobenen Bürger, die eine neue Badekultur in Europa schufen.
Erst standen die möbelartigen Badeeinrichtungen noch in den Schlaf- und Ankleidezimmern vornehmer Häuser, doch schon Ende des 19. Jahrhunderts erhielten viele wohlhabende Häuser separate Badezimmer, deren Sanitäreinrichtungen auch im Design immer mehr vom Möbel zum Gebrauchsgegenstand wurden.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur luxuriöse Badmöbel, sondern auch schlichte gußeiserne Wannen, mit denen sich die unteren Schichten reinigten. Auch auf die Probleme der Nachkriegszeit wird eingegangen. Nach dem Bombenkrieg waren 45 Prozent der Wohnungen und mit ihnen auch die Sanitäranlagen in Deutschland zerstört. Die Wasserversorgung der Städte sowie die Kanalisation waren beschädigt und nicht funktionsfähig. Ein schlichtes Schüsselchen mit mühsam herbeigeschafftem Wasser mußte damals für die nun inzwischen an Körperhygiene gewöhnten Menschen ausreichen. Doch Deutschland erreichte sehr schnell nach dem Krieg einen Sanitärstandard, der weltweit kaum eine Entsprechung findet. Die Verquickung von Funktionalität, Design und Wellness ist für uns alltäglich geworden, doch der Komfort, den wir genießen, ist in einem Großteil der Welt nicht selbstverständlich. n
Wer sich für die Geschichte des Badens interessiert, findet in dem Buch "Aus erster Quelle!", Science, 454 Seiten, 15 Euro, viele Informationen.
Baden heute und um 1900: Separate Badezimmer waren bis ins 20. Jahrhundert hinein nur etwas für die Reichen. Fotos (2): Kaldewei, Hansgrohe AG
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