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Auf dem Brüsseler Gipfel zur EU-Verfassung hat erstmals in der Geschichte Frankreichs Präsident auf Bitten Kanzler Schröders offiziell auch Deutschland vertreten. Dies hat beim Nachbarn teils euphorische Reaktionen ausgelöst. So schrieb der konservative Pariser Figaro am 16. Oktober:
"Wird es eines Tages einen französisch-deutschen Staat geben wie einst Österreich-Ungarn ? Nachdem Jacques Chirac die Vertretung von Gerhard Schröder beim Gipfel in Brüssel übernommen hat, ist diese Frage keine reine politische Fiktion mehr."
Nüchtern konfrontiert das linksliberale Pariser Blatt Le Monde vom selben Tag die übrigen EU-Länder mit der herausragenden Stellung Frankreichs und Deutschlands:
"Indem sie demonstrieren, daß ihre Rollen auf europäischer Ebene austauschbar sind, haben Präsident und Kanzler auch eine versteckte Warnung an die alten und neuen EU-Mitglieder gerichtet. (...) Wenn die Integration bei künftig 25 Mitgliedern blockiert ist, dann hindert uns nichts daran, zu zweit vorzugehen. Das ist die Botschaft."
Der französische Philosoph und Literat Manuel de Diéguez macht sich ganz eigennützige Sorgen um die deutsche Sprache:
"Die größte Gefahr für Europa ist der unbemerkte Untergang der deutschen Sprache. Wenn die Nation Goethes und Schillers ihr sprachliche Identität verlöre, wäre Frankreich wohl nicht in der Lage, allein und auf sich gestellt dem Streben nach Universalität, das Grundlage war für die Größe Europas, neuen Schwung zu verleihen."
Schauderwelsch und Stolperei
Der Lustspieldichter Plautus war
gewitzt und legte manches bar,
drum weiß nicht bloß der Latinist,
daß "Nomen" stets auch "Omen" ist.
Nur Stolpe bleibt ein armer Wicht,
denn Namen deuten kann er nicht,
und das erklärt uns sein Problem
mit "Toll Collect", dem Maut-System:
Er glaubte in der Zeiten Geist,
daß "toll" soviel wie "super" heißt,
und stolperte ins Großprojekt,
das voller mieser Tücken steckt!
Dem Stolpe sichtlich unbekannt,
ist "toll" mit englisch "dull" verwandt,
und das heißt "tölpelartig", "matt",
was glatt er übersehen hat.
Ob englisch "toll" ihn aber freut?
Von Totenglocken ist s Geläut!
Na, wie so oft im Sprachgebrauch
bedeutet "toll" was andres auch:
Es ist der "Zoll", der keinem frommt,
wie "toll" von griechisch "télos" kommt,
und solches wieder heißt "Tribut" -
von altersher Motiv zur Wut.
Das Wörtchen "Maut" ist ebenso
ein Richtungsschild nach Waterloo:
Es leitet sich von "multa" her,
lateinisch "Strafe" - willste mehr?
Ob Straßenmaut, ob Wegezoll,
sie scheinen bloß dem Stolpe toll,
derweil es allen andern graut
vor Wegezoll und Straßenmaut.
Doch graut s mir mehr - ich sag es hart -
vorm Schleim entdeutschter
Denkungsart,
vorm anglermanischen Gewäsch,
dem Schauderwelsch "not fish, not flesh".
In Deutschland "Toll Collect"? Bizarr!
Es merkt das Omen selbst ein Narr:
Im Namen liegt ja schon der Hund
begraben als der Krise Grund!
Gonzalo de Braganza |
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