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Haben Sie sich auch so herzlich gefreut, als der Euro „endlich“ da war, auf den „wir so lange gewartet haben“? Nein? Dann müssen Sie sich sehr, sehr einsam gefühlt haben um den 1. Januar herum.
In welche Tageszeitung man auch blickte, welche Radio- oder TV-Nachrichten die Deutschen verfolgten - überall tobte besinnungslose Begeisterung über das neue Geld. Wer von den „Heute“-Nachrichten erfahren wollte, wie es in Afghanistan weitergeht oder wann die Feuerwalze vor Sydney endlich gebannt ist, mußte sich erst gute sechs Minuten lang Jubelreportagen antun. Dazwischen das Honigkuchenlächeln von Moderator Siegloch.
Wer sich in seiner Umgebung umhörte, kam unterdessen zu gänzlich anderen Eindrücken. Die meisten flüchteten in Detaildebatten über die technische Bewältigung des Umtauschs, andere maulten über das Aussehen der Einheitswährung. Verhaltensforscher nennen so etwas Überbrückungshandlung. Unter Streß, ausgelöst durch enervierende Ereignisse, neigen Mensch wie Tier dazu, in Kleinkram oder Alltagsaktivitäten zu entweichen, um sich zu beruhigen. Katzen beispielsweise fangen so mitten in der Droh- und Lauerphase kurz von dem Kampf mit einem Artgenossen an, sich zu putzen.
Die Deutschen nun haben ihr flaues Gefühl beim Euro durch Verdrängen, „Tieferhängen“ oder Anstehen am Geldautomaten bewältigt. Manche mögen sich gar mittels „Trotzdem feiern“ die Laune gerettet haben. Daß jedoch die Skepsis plötzlicher Euphorie gewichen sein soll, dagegen sprechen alle Umfragen. Echte Jubler waren klar in der Minderheit.
Der Euro bleibt ein beklemmendes Beispiel dafür, wie die Politik eine Kardinalentscheidung gegen den Willen des Volkes einfach durchgepeitscht hat. Schlimm genug. Daß jedoch die Medien in solcher Einhelligkeit dabei auch noch den Steigbügel halten und die Stimmung der Deutschen derart platt regierungsgerecht verzerren, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Die freien Medien sollten als Aufpasser und Anwalt des Volkes die Politik kontrollieren, statt sich als williger Herold der „offiziellen Linie“ zu verdingen. Was wir da zum Jahreswechsel erlebt haben, macht schon sehr nachdenklich.
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