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Die preußischen Tugenden gewinnen in Deutschland wieder an Anerkennung. Das belegt eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach zu der Frage, was Eltern ihren Kindern für ihr Leben mit auf dem Weg geben sollten. So steht gleich hinter Höflichkeit und gutem Benehmen die preußische Tugend, eine Arbeit ordentlich und gewissenhaft zu tun, mit 80 Prozent an zweiter Stelle. 1992 waren es noch mit 69 Prozent elf Prozentpunkte weniger gewesen. An dritter Stelle steht die Toleranz, die Achtung Andersdenkender, mit 79 Prozent. 1992 hatten diese preußische Tugend nur 61 Prozent für wichtig gehalten. Knapp hinter der Fähigkeit, sich durchzusetzen, sich nicht so leicht unterkriegen zu lassen, ein klassisches Überlebensmittel in der Ellbogengesellschaft, deren Prozentwert gegenüber 1992 nur um drei Punkte gestiegen ist, folgt bereits an vierter Stelle die Sparsamkeit mit 72 Prozent. Sie machte gegenüber 1992 einen Sprung nach oben von immerhin 13 Prozentpunkten. Die Wissenschaftler von Allensbach erklären sich diesen Sprung mit der zunehmenden Verunsicherung in der Wohlstandsgesellschaft.
Als Symptom für die gegenwärtige nationale Lage könnte auch interpretiert werden, daß 41 Prozent Verständnis für Politik und politische Zusammenhänge für ein wichtiges Erziehungsziel halten, immerhin 13 Prozentpunkte mehr als noch 1992. Offenkundig sinkt angesichts der gemachten Erfahrungen das blinde Vertrauen, die Politik getrost den gewählten Repräsentanten in den Parlamenten überlassen zu können. Neben den gestiegenen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt scheint auch das Versagen des staatlichen Bildungswesens sich im Datenmaterial widerzuspiegeln. So hat Wissensvermittlung durch die Eltern in einem ganz umfassenden Sinn an Bedeutung gewonnen: 1992 hielten es 49 Prozent für besonders wichtig, bei Kindern Wissensdurst, den Wunsch, den eigenen Horizont ständig zu erweitern, zu fördern, heute sind es 67 Prozent. M. R. |
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