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In Masuren und im Ermland hat die Jagd begonnen. 150 Tonnen einer butterzarten Feinschmeckerware dürfen in dieser Saison geerntet werden. Die Rede ist von Weinbergschnecken. Von der dritten Aprilwoche bis Ende Mai wird die Delikatesse gesammelt.
Wer in Frankreich demnächst "l escargot" oder "la cagouille" bestellt und meint, ein besonders landestypisches Gericht zu verspeisen, der könnte sich irren. Inzwischen nämlich exportieren geschäftstüchtige Polen und Masuren jährlich große Mengen der begehrten Weichtiere nach Westeuropa. Das Hauptabnehmerland ist Frankreich, aber auch nach Deutschland werden die Weinbergschnecken versandt. Obwohl die Weinbergschnecke in Polen generell unter Naturschutz steht, wird jährlich
eine nach Woiwodschaften untergliederte Fangquote vergeben. In den Regionen Masuren und Ermland sind laut Information des Internetportals infopolen.de der Deutsch-Polnischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft 27 Firmen auf der Pirsch. Ein Kilo, das sind zwischen 30 und 40 Tiere, bringt den glücklichen Sammlern, die eine Erlaubnis bekommen, 0,80 Zloty (80 Groszy). Vorausgesetzt, die Beute erreicht mindestens eine Größe von drei Zentimetern.
Besonders Erwerbslose und Nied-rigverdiener nutzen traditionell den Zuverdienst. Wer viele der Tierchen sammelt, kann sich durchaus ein attraktives Zubrot verdienen: fleißige Sammler können einige tausend Zloty, also einige hundert Euro, im wahrsten Sinne des Wortes einsammeln. Der reguläre Schneckenjäger bringt es eher auf ein paar hundert Zloty. Zahlreiche Firmen vermarkten die Schnecken. Die drei Branchenführer Las Skwierzyna, RKS Lubnica und Warmex beherrschen in Polen mit ungefähr 80 Prozent den Inlandsmarkt. Sie sind qualitativ schon jetzt in der Lage, das begehrte Endprodukt "Weinbergschnecke Burgund" zu liefern, auch wenn bisher aus zollrechtlichen Gründen nur als Halbprodukt deklarierte Schnecken exportiert werden konnten. Insgesamt gehen polnische Firmen von einem Ertrag um zwei Millionen Euro aus der diesjährigen Ernte der Schnecken aus.
Mit dem Beitritt zur EU könnte daher der "Schneckenboom" sogar noch weiter zunehmen, denn Zollbarrieren, die bisher den Handel mit Westeuropa behinderten, ent-fallen ab dem ersten Mai. Spätestens dann sollten sich die Fühlertierchen lieber schnellstens ver- kriechen, denn allein in Masuren und dem Ermland würden die Firmen gern noch mehr von ihnen ernten - circa 600 Tonnen, wenn sie können. Mit dem Naturschutz nimmt man es also wohl nicht allzu genau, scheinbar getreu dem Sammlermotto: "Das Geld kriecht im Feld."
Auf ins Grüne: In weiten Teilen Ostdeutschlands ist wieder Saison für die Schneckenernte. Das Ermland und Masuren sind für polnische Verhältnisse außergewöhnlich "reiche" Suchgebiete. /font>
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