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Die lex XII tabularum stellt die erste schriftliche Gesetzgebung der Römer dar. Der Überlieferung zufolge stammt sie aus der Mitte des 5. Jhs. v.Chr. (451449). Bis zu diesem Zeitpunkt existierte lediglich ein Gewohnheitsrecht, das praktisch nur den Patriziern bekannt war. Um dieser die Plebejer benachteiligenden Situation ein Ende zu setzen, hatte der Tribun Terentilius Harsa ein Zehnmännerkollegium (decemviri legibus scribundis) mit dem Auftrag benennen lassen, einen Rechtstext herzustellen, der allen bekanntzugeben und auf dem Forum anzubringen sei. Wir besitzen heute zwar nicht mehr die Originaltafeln, die beim Galliersturm 390 verbrannten, doch können wir uns dank der Erwähnungen antiker Autoren sehr genaue Vorstellungen darüber machen. Trotzdem bieten sie uns einen jüngeren und vielleicht nach dem Brand von 390 veränderten Text.
Dieses Gesetz umfaßte nicht nur die unterschiedlichsten Rechtsvorschriften aus dem Privat-, Straf-, Sakral- und Verfahrensrecht, sondern auch einige Grundsätze, z.B. das Verbot von Privilegien. Es bestätigte die Gleichheit von Plebejern und Patriziern vor dem Gesetz, selbst wenn dies erst sehr viel später, unter dem Zensor Appius Claudius (312-308) geschah, als die Verfahrensformalitäten offengelegt wurden (die Tage der Fasten , actiones Iegis etc.). Andererseits machte es das Recht durch die Gesetze zu einem objektiven und allgemein bekannten.
Das Zwölftafelgesetz blieb dennoch unvollständig und bewahrte nicht den Urtext. Die Anzahl der Vorschriften war sehr hoch; aus diesem Grund mußte es zu bestimmten Zeiten durch existierendes Gewohnheitsrecht ergänzt werden. Dennoch lernten es die Römer zu Recht auch noch in klassischer Zeit auswendig, und es war weithin im Kaiserreich verbreitet: Die Römer betrachteten es gerechtfertigterweise als die Grundlage ihres gesamten Rechtssystems. Der erste Kommentar dazu datiert vom Anfang des 2. Jhs. v.Chr. (Sextus Aelius Paetus, Konsul 198).
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