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Die Vorgänge in Liberia richten den Focus derzeit wieder auf Afrika. Die dieser Tage anlaufende Landung sogenannter Friedenstruppen an der Westküste Afrikas gleicht einem Vorgang, der sich schon vor fast genau 320 Jahren dort abgespielt hat. Ist heute Amerika die treibende Kraft und das Öl vor der Küste Liberias das Objekt der Be- gierde, so waren es damals Europäer, die Handelsgüter wie Gold, Elfenbein, aber auch Sklaven begehrten. Weiterhin machte die Versorgung von Handelsschiffen auf dem langen Seeweg nach Indien und China die Einrichtung von Versorgungsstützpunkten dringend notwendig.
In den Streit unter den klassischen Kolonialländern um die lukrativsten und strategisch wichtigsten Stutzpunkte in Übersee mischte sich 1682 das bis dato maritim bedeutungslose Brandenburg ein. Die Ausbeutung des afrikanische n Hinterlandes wurde von Portugiesen, Niederländern, Spaniern und Engländern schon an die hundert Jahre betrieben, und die Eingeborenen hatten sich an deren Flaggen gewöhnt. Als aber nun der rote, mächtige brandenburgische Adler auf weißen Grunde an der schwarzafrikanischen Küste erschien, staunten die Bewohner nicht schlecht über die neuen Ankömmlinge. Damals wurde nicht nur der Grundstein für eine Handelsniederlassung gelegt, sondern auch die Basis für bis heute unter den Schwarzen lebendig gebliebene Sagen und Geschichten geschaffen. Die sichtbare Hinterlassenschaft besteht aus drei Befestigungsanlagen: der bis heute gut erhaltenen Festung "Großfried-richsburg", der Festung "Dorothea", beide am "Capo tres Puntas" im heutigen Ghana gelegen, und einer noch nicht wiederentdeckten.
Preußens "Gloria Africana" hätte man dieses Großprojekt des Kurfürsten von Brandenburg nennen können, wenn sich denn auch Fortuna eingestellt hätte. Wie kam es zum Bankrott dieses so hoffnungsfroh begonnenen Unternehmens? Im Zuge der Konstituierung Brandenburgs nach dem Westfälischen Frieden 1648 trat der Große Kurfürst schon 1650 mit Kaufleuten der Stadt Hamburg bezüglich gemeinsamer Überseegeschäfte in Verhandlung. Diese sollten erst in über 30 Jahren stattfinden. Um die Existenz und die wirtschaftliche Blüte Brandenburgs zu sichern, pachtete der Kurfürst, nach dem Erfolg durch das Ausstellen von "Kurbrandenburgischen Kaperbriefen" im Jahr 1673, drei Fregatten und noch drei weitere Seefahrzeuge von 1674 bis 1678 von dem Seeländer Reeder Benjamin Raule, der 1677 zum Schiffsdirektor Brandenburgs avancierte. Nach dem Sieg über die Schweden 1675 bei Fehrbellin widmete sich der Große Kurfürst mit Hilfe von Raule dem Aufbau einer Kriegs und Handelsflotte. Die ersten eigenen Fregatten ließ der Große Kurfürst erst später im ostdeutschen Pillau bauen, dann kamen Werften in Havelberg und Berlin hinzu. Die erfolgreichste Aktion der jungen brandenburgischen Flotte war die Kaperung der spanischen Fregatte "Carolus secundus". Aus dem Erlös des Verkaufs der Ladung konnten die bislang gemieteten Schiffe aufgekauft werden. Das vormals spanische Schiff wurde zum Flaggschiff der nunmehr 34 Schiffe umfassenden brandenburgischen Marine. Unter Rückgriff auf die vormals geführten Verhandlungen mit Hamburger Kaufleuten, die Erfahrungen und das Kapital des Kaufmanns Raule und nicht zuletzt auf die eigene Flotte wird im Jahre 1682 mit dem "Edikt wegen Oktroyierung der aufzurichtenden Handelskompagnie auf denen Küsten von Guinea" eine "Brandenburgisch-Africanische Compagnie" gegründet
Dies war der Anlaß zur Aussendung der erste Expedition zur Gründung einer afrikanischen Kolonie, die dem Kammerjunker Major von der Groeben unterstellt war. Sie bestand aus den Schiffen "Churprinz" mit 32 Geschützen und 60 Seeleuten unter Kapitän de Voß und "Mohrian" mit zwölf Geschützen und 40 Seeleuten unter Kapitän Blond. Zum Aufbau der Kolonie wurden zwei Ingenieure, ein Fähnrich, ein Sergeant, zwei Korporale, zwei Spielleute und 40 "... guthe gesunde Musquetiere von denen in Preußen stehenden Regimentern zu Fuße" mitgenommen. Im selben Jahr noch landet Major Otto-Friedrich von der Groeben an der Küste des heutigen Ghana. Dort schließt er mit verschiedenen Häuptlingen Verträge zum Bau einer Festung ab. Nach den Vermessungs- und sonstigen vorbereitenden Maßnahmen wurde am 7. März 1683 mit "... Pauken und Schallmeyen die Fahne aufgeholet ..." und der Grundstein für Großfriedrichsburg gelegt. Die Arbeiten wurden von ausgesuchten Handwerkern aus der Mannschaft durchgeführt, selbst die Ziegel waren aus Brandenburg mitgebracht worden. Die Besatzung des Forts umfaßte 91 Weiße und 130 Eingeborene.
Im darauffolgenden Jahr kehrt von der Groeben nach Brandenburg zurück. Die erste von ihm mitgebrachte Ladung stellte allerdings nicht den erwarteten Erfolg dar. Die mitgebrachten Waren Gold, Elfenbein, Getreide im Wert von 18.310 Talern deckten nicht einmal die geschätzten Kosten von 44.000 Talern für die nächste Expedition. Gleichwohl entstehen zwei weitere befestigte Stützpunkte Brandenburgs in der Nähe der Hauptfestung. Ein Fort erhielt den Namen der zweiten Frau Fried-rich-Wilhelms, "Dorothea". Von der dritten, am "Kap der drei Spitzen" errichteten Befestigung existiert weder eine zeitgenössische Zeichnung, noch wurde bislang ein Überrest gefunden.
Seine "krämerhaften, kurzsichtigen Königsberger Kaufleute" konnte der Große Kurfürst allerdings nicht von der Aufnahme überseeischen Handels überzeugen. Er verlegte den Sitz der "Africanischen Compagnie" von Königsberg nach Emden. Seine Kolonialinteressen brachten ihm kein Glück. Trotzdem nannte er auf seinem Sterbebett noch die maritimen Feinde: "London und Rotterdam". Nach dessen Tod am 9. Mai 1688 versuchte Friedrich III. zunächst, die Africanische Compagnie weiter- zuführen, doch auch er hatte kein Glück. Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm I. verkaufte 1717 die Kolonie für "7.200 Dukaten und 12 Mohren" an die Niederländer. Der letzte Deutsche in Großfriedrichsburg, Generaldirektor Dubois, übergab die Festung 1716 dem schwarzen Häuptling Jan Cunny. Als die Niederländer ihren Kauf in Besitz nehmen wollten, dachte Jan Cunny gar nicht daran, die Festung zu übergeben. Unter Hinweis auf seinen Eid dem König von Preußen gegenüber verweigerte er die Übergabe. Die darauf folgenden Angriffe der Niederländischen Flotte wurden immer wieder zurückgeschlagen. Erst 1724 gelang es, Jan Cunny und seine Leute zu vertreiben. Seine Treue zu Preußen und dem roten Adler Brandenburgs gegenüber stellte er noch darüber hinaus unter Beweis: Er verschwand "... unter der Mitnahme der Brandenburgischen Flagge ..." im Urwald. Großfriedrichsburg um 1690: Der rote Adler weht am schwarzen Kontinent |
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