|
Noch nie in der 53jährigen Geschichte des Fernsehens in Deutschland hat das Publikum verbale Ausweichmanöver in solcher Häufigkeit bewundern können: "Ich kann mich nicht erinnern" (Staatsminister a. D. Vollmer) beziehungsweise "...wenn ich mich recht erinnere" (Außenminister Fischer) - solche Sätze beherrschten die ganztägigen Übertragungen aus dem Visa-Untersuchungsausschuß (Phönix alias Visa-TV).
Wobei die beiden Hauptdarsteller eigentlich stets dasselbe meinten: Generell konnten sie sich nur an das erinnern, was ohnehin längst bekannt, bewiesen und von ihnen selbst oder ihren Partei- und Koalitionsfreunden öffentlich eingeräumt war. An alles andere konnten sie sich nicht oder nicht "recht" erinnern, wichtige Schriftstücke waren ihnen nicht vorgel egt worden, an wichtigen Gesprächen hatten sie nicht teilgenommen, wichtige Briefe und E-Mails hatten sie nicht erreicht - und wenn doch, dann war das zum gegebenen Zeitpunkt für sie gerade "nicht so wichtig". Da fragten sich irritierte Zuschauer, wozu wir uns überhaupt den Luxus hochbezahlter Bundes- und Staatsminister leisten.
Über weite Strecken zeigten sich Fischer und Vollmer gut präpariert (aber wieso muß man sich wochenlang darauf "vorbereiten", die Wahrheit zu sagen?). Nur selten verließ den Außenminister die arrogante Selbstsicherheit, zum Beispiel als ihn die Düsseldorfer Abgeordnete Michaela Noll mit peinlichen Fragen zum Thema Zwangsprostitution in die Enge trieb. Ansonsten galt, auch dank der vornehmen Zurückhaltung der Opposition, für weite Teile dieses live übertragenen Polit-Theaters: "Außer Spesen nichts gewesen". Juliane Meier |
|