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Das war dann wenigstens ein kleines Erfolgserlebnis für den vom Umfragetief geplagten Bundeskanzler: Zum Tag der Offenen Tür strömten Tausende friedlich ins Kanzleramt. Mehr als bei allen Montagsdemos zusammen. Insgesamt 150.000 Menschen besuchten am vergangenen Wochenende in der Hauptstadt die Ministerien.
Schon als es um zehn Uhr losging, standen rund 1.000 Leute brav in der Schlange. Die Abfertigung dauerte nur eine halbe Stunde. Auch deshalb, weil die Kontrollmaßnahmen auf das Notwendige beschränkt wurden.
Ein Rundgang durch das Bundeskanzleramt verrät verhältnismäßig wenig über den Kanzler und seine Mitarbeiter. Das futuristische Gebäude wirkt im Innern sehr nüchtern. Geradezu steril, findet eine Besucherin.
Alle Spieler vom Bundesligisten Dortmund haben ein Trikot unterschrieben und es Schröder geschenkt. So etwas findet sich im Eingangsbereich in Glaskästen. Das paßt. Deutschland unter Schröder ist wie Fußball aus Dortmund: In der Saison 2001/02 war Dortmund noch Deutscher Meister. In der letzten Saison reichte es nur noch für den sechsten Platz, gegenwärtig spielt man auf dem siebten. Ein Verein im Abstieg.
"Das ist Willy Brandt", sagt ein Mann beim Anblick einer extrem häßlichen Skulptur. Er spielt auf die Skulptur des Ex-Kanzlers in der SPD-Zentrale an. Brandt wirkt dort wie ein Vertreter des Lumpenproletariats. Daß die Genossen keine besseren Skulpturen von ihren Vorbildern aufbauen, verstehe wer will.
Viel gearbeitet wird im Kanzleramt allerdings nicht. Lange und breite Gänge verbinden einige wenige, kleine Büros miteinander. Trotz einer riesigen Grundfläche ist die Nutzfläche sehr mager. Die schlafen hier eh nur, schlußfolgert lakonisch ein junger, männlicher Besucher.
Nach dem Rundgang durch die Hallen der Macht vergnügen sich die Bürger auf einem Fest in Kanzlers Garten. Als Schröder auftritt, konfrontiert ihn nur ein vereinzelter Gewerkschafter mit dem H-Wort. So wie am Eingang ein einsamer Demonstrant gegen "Abtreibungsmord" wettert.
Unangenehmer wurde es schon für Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Vor seinem Ministerium versammelten sich zwei Dutzend "Attac"-Anhänger, um auf Hartz IV zu schimpfen. Daraufhin sagte Clement seinen Auftritt vor den Besuchern kurzerhand ab. Aus Sicherheitsgründen, hieß es.
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