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Auf gut deutsch 23 Prozent aller lettischen Grundschüler lernen Deutsch

 
     
 
Nach Beginn der Perestrojka und angesichts des Zerfalls der Sowjetunion kam es 1989 zu ersten Wiederbelebungsversuchen des einst so stolzen deutschen Bildungswesens im Baltikum.

Zunächst gingen diese von den verbliebenen deutschen Minderheiten aus. Als erstes regten sich die Memelländer, von denen noch 5000 bis 8000 in ihrer angestammten Heimat lebten und deren Loyalität zu dem wiedererstandenen litauischen Staat von niemandem in Frage gestellt wurde.

Bereits 1989 gründeten sie in Memel (Klaipeda) ihren deutschen Kulturverein, drei Jahre später ließen sich die Anfänge einer ersten deutschen Schule verzeichnen, die ab 1997 "Hermann-Sudermann-Internatsschule" hieß. Für einige Zeit stellte sie mit bis zu acht Programmlehrern aus der Bundesrepublik die einzige deutschsprachige Schule des Baltikums dar.

Während es sich hierbei um eine ausgesprochene Minderheitenschule handelt, hat sich die Memeler "Zemyna-Schule" mit ihren zwei Programmlehrern den Spitzenplatz bei der Sprachdiplomprüfung der deutschen Kultusministerkonferenz erkämpft. Jeder vierte litauische Absolvent der letzten Jahre hat dort seine Deutschkenntnisse erworben.

Mit der Zeit wuchs das Interesse am Deutschen, nicht zuletzt, weil man es in Estland und Lettland auch als Teil der eigenen kulturellen Vergangenheit versteht. In Estland verdoppelte sich in den 90er Jahre
n sogar die Zahl der Lernenden, während sie in Lettland und Litauen tendenziell auf dem Stand der Sowjetära verharrte.

In Lettland wird Deutsch von 23 Prozent aller Grundschüler gelernt und von 15 Prozent der Bevölkerung verstanden - das sind die höchsten Werte im Baltikum. Insgesamt verlor das Deutsche aber schnell an Bedeutung gegenüber dem Englischen als der neuen ersten Fremdsprache.

Seit Beginn der 90er Jahre kam es zum Abschluß von Kulturabkommen, auf deren Grundlage die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen beim Bundesverwaltungsamt Programmlehrer und Fachberater auch ins Baltikum entsendet. Leider ist die Anzahl dieser Lehrkräfte nach anfänglich sehr starkem Wachstum, das jedoch nie den Bedarf decken konnte, im neuen Jahrhundert teilweise wieder erheblich zurückgegangen, in Lettland gar um die Hälfte.

Neben der Deutschen Schule in Memel entstand 1997 in Reval das "Deutsche Gymnasium Tallinn" mit einem komplett deutschsprachigen Zweig, an dem elf Lehrkräfte aus der Bundesrepublik unterrichten. Hier kann in diesem Jahr zum ersten Mal ein deutsches Abi-tur abgelegt werden.

Auch in Dorpat (Tartu) möchte eine Oberschule wieder an die alte deutsche Bildungstradition der Universitätsstadt anknüpfen. Obwohl Estland im regionalen Vergleich in den Grundschulen die wenigsten Deutschlernenden aufweist, belegt es schon seit mehreren Jahren den Spitzenplatz bei den Absolventen des deutschen Sprachdiploms der Kultusministerkonferenz, das zu einem Studium in Deutschland berechtigt.

Wie gut die Qualität des Deutschunterrichts im gesamten Baltikum (noch) ist, deutet ein Offener Brief von Mitgliedern des lettischen Deutschlehrerverbandes an, der im November 2001 an die deutschen und österreichischen Bundes- und Landesregierungen erging.

Darin kritisierten sie nicht nur die Kürzungen im Kulturetat für die deutschsprachigen Auslandsschulen, sondern beklagten außerdem die schwindende Attraktivität des Deutschen. Nach Ansicht des Lehrerverbandes und des lettischen Kultusministeriums ist diese Entwicklung auf das ungebremste Eindringen von Anglizismen zurückzuführen sowie auf die Geringschätzung der deutschen Sprache in der Heimat.

Der Brief endete mit eindringlichen Worten: "Sie schützen vorbildlich Ihre Umwelt und Ihre schönen Fachwerkhäuser, aber ist es nicht die schöne deutsche Sprache auch wert, geschützt zu werden? Die Sprache Goethes, Kants und Brechts ist Teil des gemeinsamen Weltkulturerbes, das wir gemeinsam verteidigen müssen
 
     
     
 
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