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Die Geschichte wird von Siegern geschrieben. Ihnen werden Kränze geflochten und Denkmäler errichtet. Die folgenden Zeilen sind den Besiegten gewidmet. Ihnen, die die Nachwelt gern vergißt." Mit diesen Worten beginnt Klaus Sowade seine traurigen Erinnerungen an seine Kindheit und die Vertreibung aus seiner Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg.
Eigentlich ist Klaus Sowade Schlesier, doch nach einer Versetzung seines Vaters zieht die Familie ins Sudetenland, wo alles ein wenig anders als in Niederschlesien ist. Klaus findet sich aber auch hier zurecht und erlebt mit seinen Freunden trotz Krieg einige gute Jahre. Als das Kriegsende naht, werden selbst 15jährige eingezogen, und somit auch Klaus, doch er hat Glück im Unglück: Der Krieg endet, bevor er seine Grundausbildung, die nur wenige Wochen umfaßt, beenden kann. Zurück bei seinen Eltern steht die Welt Kopf. Nur dank einiger tschechisch er Freunde kann die Familie größtem Unglück entgehen, doch über Nachbarn und Freunde erfahren die Sowades Schlimmes. Kaum eine von Klaus ehemaligen Mitschülerinnen entgeht den Massenvergewaltigungen. Selbstmorde, Enteignungen und Gewalttaten bestimmen den Alltag, und Klaus flieht mit seinen Eltern nach Niederschlesien zu Onkel und Tante, wo allerdings ebenfalls Willkür gegenüber den Deutschen herrscht. Völlig desillusioniert zieht die kleine Familie, Klaus Bruder gilt als vermißt, in den Westen.
Die biographische Erzählung von Klaus Sowade ist nicht wie zu erwarten in Ich-, sondern in Er-Form geschrieben. Der Autor beschreibt auf diese Weise aus der Distanz heraus seine Erfahrungen, die so allerdings manchmal zu sachlich geraten sind. Möglicherweise schützt aber gerade diese Sachlichkeit den Autor wie auch den Leser davor, an den grauenhaften Geschehnissen zu verzweifeln. Auch wenn der Autor manchmal ein wenig zu forsch berichtet, wird dieser Erlebnisbericht nicht nur Schicksalsgefährten berühren. Fritz Hegelmann
Klaus Sowade: "Die den Sturm ernten", Fischer und Fischer, Frankfurt 2002, Taschenbuch, 87 Seiten, 9,90 Euro |
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