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Baltisches Gold

 
     
 
Der Vorspann war nicht gerade vielversprechend: Als Schauplätze für die im Rahmen der ARD-Serie "Wunder der Erde" angekündigte Sendung "Baltisches Gold / Auf den Spuren der Bernsteinsucher" wurden lediglich Litauen, Lettland und Estland aufgeführt.

Aber dann erwies sich das als Irrtum, denn die beiden letztgenannten baltischen Länder kamen in der 50minütigen Dokumentation überhaupt nicht vor, dafür aber unsere heimische Ostseeküste von Danzig bis Memel. Und, was man kaum vermutet hätte: mit unseren deutschen Namen. Man ist da ja anderes gewohnt.

Dafür darf man schon dankbar sein, auch dafür, daß der Sprecher und Mitgestalter der zur besten Sendezeit (1. Mai, 19.10 Uhr) ausgestrahlten Dokumentation, Ernst Waldemar Bauer, den wissenschaftlichen Teil mit faszinierenden Aufnahmen von seltenen Inklusen bereicherte.

Spinnen, Ameisen, Falter, Käfer, eingeschlossen seit 45 Millionen Jahren in ihrem gläsernen Sarg - "glesum" nannten ja die Germanen das erstarrte Harz der Urzeitkoniferen. Sogar ein Skorpion mit erhobenem Stachel wurde gezeigt, eine Inkluse aus der Dominikanischen Republik, in der es ja ebenfalls ein reichliches Bernsteinvorkommen gibt. Allerdings ist der Bernstein dort anders - opalisierend und viel leichter.

Aber immerhin kommen noch heute 90 Prozent der Weltförderung von der Samlandküste, die in der Gegend um Palmnicken leider schon aussieht wie eine Mondlandschaft, wenn auch Sanddorn und Strandhafer die ausgebeutet
e "blaue Erde" gnädig zu bedecken beginnen.

Die heutige Produktpalette wurde breit aufgefächert vom billigen Armreifen aus Preßbernstein bis zu kunstvoll geschliffenen Schachfiguren. Weiterhin auf der Plusseite: Weder die Bezeichnung "das ostdeutsche Gold" fehlte noch die historische Bedeutung des Bernsteins für unsere Heimat.

Wobei man sich allerdings mehr Aufnahmen von der früheren Bernsteinförderung und -bearbeitung gewünscht hätte, es gibt ja genügend Archivmaterial.

So hätte man dem heutigen Fischer von der Kurischen Nehrung, der mit einem Netz den Seegrund entlang der Buhnen nach im Schlick verfangenem Bernstein abstreift, die ehemaligen Bernsteinfischer mit ihren langstieligen Keschern gegenüberstellen sollen. In einem einzigen Jahr wurden auf diese Weise allein an der Samlandküste 400 Zentner Bernstein geschöpft.

Natürlich fehlte nicht das unerschöpfliche Thema "Bernsteinzimmer" mit Schwerpunkt auf der russischen Neugestaltung. Wohltuend, daß sich der Autor nicht auf Spekulationen über das Schicksal des echten Bernsteinkabinetts einließ, sondern erklärte, daß es wohl im Königsberger Schloß verbrannt sei. Wohl wäre eine stärkere Konzentration auf das eigentliche Thema wünschenswert gewesen - so hätte man manche Städte- und Landschaftsaufnahmen zugunsten historischer Darstellungen weglassen können -, aber das sollte nicht das positive Bild schmälern.

Nur, daß auch hier in einer wissenschaftlich fundierten Sendung - in der erklärt wurde, daß der Bernstein kein Stein, sondern ein fossiles Harz sei - im Plural von "Bernsteinen" gesprochen wird, muß schon moniert werden. Es gibt den "Bernstein" - der Name kommt von "börnen = brennen", denn er ist brennbar - nur als Gesamtbegriff.

Was wir als Kinder am Seestrand sammelten, was heute noch aus der blauen Erde gehoben wird, was die Bernsteinfischer schöpften, das sind Bernsteinstücke, aber keine "Bernsteine".

Dies muß einmal richtiggestellt werden, weil wir immer wieder Fragen zu dem Thema bekommen.
 
     
     
 
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