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Die vergessene Generation

 
     
 
Der Schock über das terroristische Attentat auf Amerika und über den Umstand, daß eine Spur der islamistischen Täter nach Deutschland führt, fällt in eine Zeit, in der wir Deutschen über die Neuordnung der Zuwanderung in unser Land diskutieren.

Tatsache ist: Die Deutschen haben offensichtlich nicht mehr die Kraft der Regeneration aus sich selbst heraus und wollen diese ganz offensichtlich auch nicht wieder gewinnen. Nur noch in einem Drittel aller Haushalte leben Kinder. Viele, wenn nicht die meisten, interessieren sich statt für Kindererziehung lieber für die Börse, die neuesten Single-Trends samt „Selbstverwirklichung
“ und den Urlaubsspaß auf den Bahamas.

Ein solches Volk ist natürlich auf Zuwanderung angewiesen, wenn es den hohen Stand seines Sozialsystems zu erhalten wünscht, an den es sich gern gewöhnt hat. So ist Deutschland seit 30 Jahren de facto Einwanderungsland. Der Bevölkerungswissenschaftler Prof. Herwig Birg berichtet, daß es in Deutschland in letzter Zeit jährlich 100.000 mehr Sterbefälle als Geburten gab. Ohne Zuwanderung würde sich das Geburtendefizit auf 800.000 erhöhen. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung in Deutschland lag vor 30 Jahren bei vier Prozent, heute bei über neun Prozent.

Die gleichzeitig in Deutschland gestiegene Lebenserwartung hat überdies das Gleichgewicht zwischen den Generationen gekippt. Wenn gegenwärtig auf zehn Personen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren vier Personen kommen, die über 60 Jahre alt sind, werden es im Jahr 2030 bereits sieben bis acht sein, und das bei steigender Lebenserwartung.

Darum darf die Diskussion um die Zuwanderung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der beruflichen Qualifizierung der Einwanderer und ihres Risikos für die nationale Sicherheit geführt werden. Außer der Erkenntnis, daß die bisherige Einwanderungspolitik die nationale Sicherheit kaum beachtet hat und unser Land zur Schlafstätte internationaler Terroristen wurde, muß beachtet werden, daß das System der sozialen Sicherheit Deutschlands aus den Fugen geraten ist.

In der Tat ist der sogenannte Generationsvertrag von 1957 als Basis des deutschen Sozialsystems gescheitert oder besser gesagt: er ist in seiner ursprünglichen Fassung überhaupt nie zustande gekommen. Die Schimäre wurde zwar von den Sozialpolitikern jeder Couleur wie eine Monstranz durch die Jahrzehnte getragen und als große Errungenschaft gefeiert, aber das, was 1957 beschlossen wurde, hat zwar Adenauers CDU damals die absolute Mehrheit im Bundestag eingebracht, führte aber in eine sozialpolitische Einbahnstraße, die zum Zusammenbruch des deutschen Sozialsystems führen mußte.

Der „Erfinder“ des generativen Umlageverfahrens, Wilfried Schreiber, hatte von Anfang an die Einbeziehung sämtlicher Er- werbstätiger, nicht nur der lohnabhängig Tätigen, gefordert und verlangt, daß die Höhe der Renten nicht nur nach oben, sondern auch nach unten variabel sein müsse. Vor allem aber wollte er einen Drei-Generationen-Vertrag zwischen Arbeitenden, nicht mehr Arbeitenden (den Alten) und noch nicht Arbeitenden (den Kindern). Stellt doch die Versorgung der Kinder aus der Wertschöpfung der arbeitenden Generation ebenso eine Versorgungsleistung dar wie die Versorgung der Rentner.

Die damalige Bundesregierung hat jedoch 1957 die Versorgung der Kinder als „Privatvergnügen“ behandelt. Adenauer soll dazu erklärt haben: „Kinder haben die Leute immer.“ Daß diese Erwartung schon anderthalb Jahrzehnte später kippte, ahnte er nicht, als er einen Vertrag zwischen zwei statt drei Generationen beschließen ließ.

Ob heute die Kraft vorhanden ist, einen wirklichen Generationenvertrag zu schließen und zugleich die Zuwanderung allein unter dem Gesichtspunkt nationaler Bedürfnisse und Notwendigkeiten zu gestalten, werden die nächsten Monate zeigen.

 
     
     
 
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