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Auch Rumänien möchte Mitglied der Europäischen Union werden. Die Enttäuschung darüber, nicht zur ersten Gruppe der Beitrittskandidaten geladen zu sein, war daher in Bukarest groß - zumal dieser Balkanstaat sich seit der Wahl des Konservativen Emil Constantinescu 1996 zum Präsidenten nach Kräften müht, durch eine entbehrungsreiche Politik die von den Kommunisten total zu Schrott gefahrene Wirtschaft wiederzubeleben und an europäischen Standards auszurichten. Rumänien setzt bei diesem Reformprozeß vor allem auf Deutschland. Deutschen Investoren sind die Tore weit geöffnet. Die Beziehungen zwischen Bonn und Bukarest können kaum besser sein.
Umso deprimierender, daß nach Erkenntnissen der Kölner Staatsanwaltschaft ausgerechnet in der Bonner Rumänischen Botschaft seit langem Verbrecherbanden durch gefälschte Pässe organisatorische Hilfe zuteil geworden ist. Constantinescu hat die Gefahren, die daraus für die beiderseitigen Beziehungen erwachsen, sofort begriffen und rigoros gehandelt - in der Botschaft am Rhein, aber auch nach deutschen Fingerzeigen in Rumänien selbst. Dabei sickerte durch, daß dank der Zusammenarbeit der beiden Länderpolizeien seit 1996 nicht weniger als 180 Verbrecherbanden mit 1760 Mitgliedern in Deutschland zerschlagen werden konnten. Gegenwärtig wird gegen zwei Dutzend "Bosse" von Kinderbanden ermittelt, die für Diebstahl- und Betteltouren eingesetzt werden. Von diesen 8 bis 14jährigen - meist Kinder mittelloser Zigeuner - werden "Tagesleistungen" von 2.000 bis 3.000 Mark verlangt.
Das Haupteinfallstor der Verbrecherbanden aus dem Osten war bislang wegen der laschen polnischen Grenzsicherungsmaßnahmen die Oder. Seit Aufhebung der deutsch-österreichischen Grenzkontrollen erfolgt die Einschleusung verstärkt über die Tschechei und Ungarn nach Österreich mit dem Ziel Deutschland. Beide Reformstaaten lassen es an Solidarität mit Österreich und Deutschland fehlen. Wien hat daraus die Konsequenzen gezogen und Prag wie Budapest mit einem Veto gegen deren EU-Beitritt gedroht, falls diesem Bandentransfer nicht unverzüglich Einhalt geboten wird.
Die Osterweiterung der EU wird für uns trotz finanzieller Anfangsbelastungen letztlich von großem Vorteil sein, weil durch weiteren Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu diesem Teil Europas Arbeitsplätze und Wohlstand gesichert werden. Neben dieser positiven Seite der Osterweiterung darf jedoch die negative der offenen Grenzen nicht übersehen werden. Bonn täte gut daran, dem Wiener Beispiel zu folgen und den Beitrittswilligen unmißverständlich klarzumachen, daß sie nur dann willkommen sind, wenn sie ihre sicherheitspolitischen Hausaufgaben erfüllen. Bukarest wenigstens bemüht sich darum.
Angesichts dieser europäischen Sicherheitsprobleme, die für uns von eminent innenpolitischer Bedeutung sind, sollten Edmund Stoibers jüngste Überlegungen nicht einfach als Wahlkampfprofilierung abgetan werden. Wenn die Wahlschlacht verraucht ist, sollte über ein Europaministerium zumindest nachgedacht werden.
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