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Das graphische Werk von Gertrud Lerbs-Bernecker (1902- 1968), der zu Lebzeiten in ganz Deutschland bekannten und beliebten Künstlerin, "wird beherrscht von tiefem Ernst, von Not und Bedrückung, von dunklen Träumen, furchtbaren Ahnungen und rührt so an verborgene Ängste. Es möchte jedoch oberflächlich sein, daraus eine Vorstellung von Erdenschwere und Verlassenheit abzuleiten, die Ostdeutschland charakteristisch wäre. Die Künstlerin hat sich dieser einen Seite ihrer Heimat besonders verbunden gefühlt und sie zur Anschauung gebracht und kann doch nicht umhin, auch den frohen Aspekten ihrer schönen Heimat Tribut zu zollen." Der dies schreibt, kennt das Werk der in Rogehnen, Kreis Preußisch Holland , geborenen Gertrud Lerbs wie kein anderer: ihr Patenkind Peter Drahl, der jetzt aus diesem Wissen heraus und aus den umfangreichen Beständen schriftlicher Zeugnisse ein bemerkenswertes Buch herausgebracht hat: Gertrud Lerbs-Bernecker. Eine Künstlerin aus Ostdeutschland (Walddörfer Kunstverlag, 22395 Hamburg. 240 Seiten, 29,50 Euro). Ein Buch, das nicht nur die Künstlerin würdigt, sondern auch auf den Menschen eingeht, auf die Frau, die seit 1939 gegen die Auswirkungen der Multiplen Sklerose zu kämpfen hatte. Und so sind neben den unzähligen Beispielen aus dem Schaffen dieser Frau, die auch mit Käthe Kollwitz verglichen wurde, Auszüge aus ihrer Lebensgeschichte zu finden, aufgeschrieben 1945 in der Lüneburger Heide, wohin es sie und ihren Mann, den Maler Kurt Bernecker, nach dem Krieg verschlagen hatte. Eindrucksvoll sind da vor allem die Passagen, in denen sie über den Abschied von der geliebten Heimat, von Königsberg erzählt, aber auch von dem schweren Neubeginn im Westen, der dem Künstlerehepaar nicht leicht gemacht wurde. Nur wenig hatten sie von ihren Arbeiten retten können, und da grenzt es an ein Wunder, daß Peter Drahl, dessen Familie bereits 1936 von Königsberg nach Hamburg gezogen war, für sein Buch auf einen derart großen Fundus zurückgreifen konnte. Erfreulich auch eine Auflistung des Verbleibs der geretteten und später entstandenen Werke der Künstlerin.
Die Fülle des vorhandenen Materials zu sichten und eine ansprechende Auswahl zu treffen hat 20 Monate gedauert. Peter Drahl hat mit diesem Buch nicht nur die Künstlerin Gertrud Lerbs-Bernekker gewürdigt, sondern auch ihrer Wirkungsstätte Königsberg ein besonderes Denkmal gesetzt. Ein Buch nicht nur für ausgewiesene Kunstfreunde. Peter van Lohuizen
Gertrud Lerbs-Bernecker: Der Zug (Lithografie , 1931) |
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