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Castro statt Haider

 
     
 
Fast schon hätten auch geistesgegenwärtige Bundesbürger überlegen müssen, ihren geplanten Österreichurlaub abzusagen – aus Scham über die Peinlichkeit der Berliner Komplizenschaft mit den Machenschaften etlicher EU-Regierungen gegen den kleinen, historisch und kulturell so tief mit uns verbundenen Nachbarn.

Wie zur Ehrenrettung der Republik aber sind dann der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos
und eine Delegation von Unionsabgeordneten nach Wien aufgebrochen. Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) wußte den ersten Parlamentarierbesuch nach dem diplomatischen Überfall aus Paris, Brüssel, Lissabon usw. zu schätzen: "Freunde erkennt man, wenn es mal nicht so gut läuft."

Beinahe gleichzeitig empfing Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) den österreichischen Präsidenten Thomas Klestil in München und machte so den von Bayern angeführten Schulterschluß mit Wien komplett.

Mit an der Donau war auch der Fuldaer CDU-Abgeordnete Martin Hohmann. Er gilt als Hoffnungsträger der jungen Konservativen in der Union. Hohmann spricht deutlich aus, was er vom EU-Bannfluch gegen die Alpenrepublik hält: "Rechtlich und moralisch falsch und politisch in hohem Maße schädlich."

Offensichtlich hätten die Regierungschefs sich bei der Holocausttagung in Stockholm "in moralische Hitze" geredet, und der damalige sozialdemokratische Kanzler Klima habe die moralische Empörung ins Hier und Heute umgeleitet. Die überwiegend sozialistischen Staatsoberhäupter hätten daraus eine handliche Keule nicht nur gegen die neue Regierung, sondern gegen ganz Österreich geformt.

Wie Hohmann beschleicht immer mehr konservative Politiker der Verdacht, daß hier eine Art Einheitsfront für ein sozialistisches Europa ihr Antlitz enthüllt hat, wobei die gespreizte Empörung über Wien nur ein Vorwand sei.

Nahrung erhielt diese Vermutung am vergangenen Sonntag, als bekannt wurde, daß Bundeskanzler Schröder (SPD) den Diktator des kommunistischen Kuba, Fidel Castro, für den 26. Juli zur Expo nach Hannover eingeladen haben soll. Im Mai würde Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nach Havanna fliegen und den Besuch vorbereiten.

Schröder gestatte sich, politische Gefangene, Pressezensur, wirtschaftliches Elend und Wohlstand nur für die rote Nomenklatura großzügig zu übersehen, kritisiert Martin Hohmann entsetzt und fragt sarkastisch nach, ob Österreich erst ähnliche Errungenschaften einführen müsse, um von Schröder das Gütesiegel für Demokratie und Menschenwürde zu erhalten: "Wer Demokraten ausgrenzt, Diktatoren aber hofiert, der muß sich auf seine politische Zurechnungsfähigkeit untersuchen lassen. Als Kanzler eines demokratischen Staates ist er ungeeignet", so Hohmann.

Ein groteskes Schauspiel. Nur gut, daß Bayern und die Gruppe der Unionspolitiker den schlimmsten Schaden in den Beziehungen zu Wien abgewendet haben. Vielleicht ist hier sogar ein Anfang gemacht worden, die alte enge Verbundenheit nach den Irritationen des zwanzigsten Jahrhunderts endlich neu zu beleben: "Freunde erkennt man ..."

 
     
     
 
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