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"Jacques Chirac ist der dümmste Konservative der Welt", hieß es am Stammtisch im Deutschen Haus, als Frankreichs Präsident seinerzeit die führende Rolle bei der unerhörten Einmischung in die inneren Angelegenheiten Österreichs spielte. Damals hatte die Europäische Union ihr demokratisches Renommee und ihren Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht verloren. Ereiferte sie sich doch bis zum Boykott eines Mitgliedslandes, weil dessen Bürger nicht so gewählt hatten, wie es den Sozialisten in Europa gefiel.
Nun habe Chirac wieder zugeschlagen, hieß es am Stammtisch. Er sei mit den Beitrittskandidaten der EU aus dem östlichen Mitteleuropa umgesprungen wie mit Vasallen. Es sei schlicht unverschämt, deren Solidaritätserklärung an die USA in der Irak-Krise mit den Worten abzutun: "Ich glaube, daß sie eine gute Gelegenheit verpaßt haben, den Mund zu halten." Chirac benehme sich fast so, wie es diese Länder seinerzeit von den Abgesandten des Kreml gewohnt waren. Eine liberale slowakische Zeitung meinte dazu: "Wenn wir das Recht auf eine eigene Meinung abgesprochen bekommen, tauschen wir nur eine Diktatur gegen die andere ein." In Prag freute sich ein konservatives Blatt: "Im Unterschied zu Moskau schickt Brüssel in die unartigen Länder wenigstens keine Panzer".
Monsieur le Président meinte auch: "Diejenigen, die schon Familienmitglieder sind, haben mehr Rechte als diejenigen, die an die Tür klopfen." Polens Außenminister Cimoszewicz entgegnete, Europa sei nicht nach Müttern, Vätern und Minderjährigen zu trennen. Sein ungarischer Kollege Kovacs meinte, er sei zu höflich, um Chirac zu antworten. Für den Stammtisch kommt bei Chirac zur Dummheit die Arroganz hinzu. Das sei eine Verbindung, die im europäischen Alltag flegelhaftes Benehmen genannt werde. |
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