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Der Kulturpreisträger Sem Simkin besuchte zum ersten Mal Berlin und war überwältigt. So schön hatte er sich die Stadt nicht vorgestellt. Überwältigt war er auch von der Kulturpreisverleihung, da er mit so vielen Zuhörern nicht gerechnet hatte. Auch nicht mit dem großen Interesse an seinen Büchern. Die wenigen Exemplare wechselten innerhalb der ersten Signierstunde ihren Besitzer. Es dürfte Sem gelungen sein, eine Brücke der Freundschaft zu schlagen. In seiner Dankesrede drückte Simkin seine Empfindungen aus:
"Ich bin der Freundeskreis Ostdeutschland sehr dankbar dafür, daß sie mir mit ihrem Kulturpreis eine solch hohe Auszeichnung verleiht. Um so mehr, da es für mich eine große Überraschung war. Persönlich danke ich Frau Rauschenbach für die freundlichen Worte über mich und meine Arbeit.
Um eine Zukunft zu haben, muß man die Vergangenheit kennen und lieben. In letzter Zeit ist in Kaliningrad ein sehr großes Interesse an der Geschichte dieses Landes erwacht. Neben unseren russischen - weltlichen wie religiösen Feier- und Gedenktagen - feiern wir auch die deutschen Gedenktage (sieben an der Zahl) wie
* 100 Jahre Königsberger Zoo, der in ganz Europa bekannt ist
* 450 Jahre Königsberger Universität Albertina (die im Jahre 1544 gegründet wurde)
* 100 Jahre seit Inbetriebnahme der ersten Straßenbahn in Königsberg
* 100 Jahre Luisenkirche (erbaut im Jahre 1901, heute Puppentheater)
* 280. Geburtstag Immanuel Kants (im April 2004)
* 750 Jahre Cranz (meine Lieblingsstadt, heute Zelenogradsk, gegründet im Jahre 1252)
* und nicht zuletzt 750 Jahre Königsberg, das in diesem Jahr ein großes gemeinsames Fest werden soll.
Ich habe Bücher aus der Serie ,Poesie aus Ostdeutschland mitgebracht, die von mir zusammengestellt, übertragen, und erstmals zweisprachig - auf Russisch und Deutsch - herausgegeben wurden, die in schöner Aufmachung beim Verlag ,Bernsteinsage in Königsberg erschienen sind.
In dieser Serie erschienen bisher sieben Bände. Sieben - eine Glückszahl. Im bekannten Rätsel des Mathematikers Euler müssen die sieben Brücken Königsbergs so begangen werden, daß man jede nur einmal überquert.
Vor kurzem erschien der achte Band der Reihe unter dem Titel ,Ostdeutsches Marjellchen mit Gedichten und Liedern von Hildegard Rauschenbach.
Ich habe das Gefühl, daß wir hier und heute die achte Brücke Königsbergs bauen - eine Brücke des Geistes und der Versöhnung, eine Brücke des gegenseitigen Verstehens mittels menschlicher Kommunikation, mittels der Kultur - insbesondere der Poesie.
Ich möchte mit den Versen ,Die schönste Blume des ostdeutschen Aufklärers Johann Gottfried Herder schließen, der an der Albertina die Vorlesungen des berühmten Immanuel Kant hörte und ein Zeitgenosse Goethes und Schillers war
Die Blume, die der Erd erblüht,
war meiner ersten Jugend Lied;
Bis ich die edlere erkannt,
die uns der Himmel zugewandt.
Fortan sei ihr mein Lied geweiht,
der schönsten Blume:
Menschlichkeit."
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