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Wenn in diesem Jahr sich die literaturbegeisterte Welt Friedrich Schiller und seinem Werk zuwendet, dann stehen junge Menschen meist abseits. Schiller, das heißt für sie auswendig lernen, Texte interpretieren, die ihrem eigenen Alltag soweit entfernt sind. Oder vielleicht doch nicht? Gibt es Kinder und Jugendliche, die sich für die deutschen Klassik er, für Goethe und Schiller begeistern können? Grundschullehrer berichten, daß Kinder gar nicht genug bekommen können, von Dichtern und ihrer Welt zu hören. Sie hören fasziniert zu, wenn Gedichte oder Balladen rezitiert werden, und wollen mehr erfahren über die „reiche, lustige, unheimliche und oft fremdartige Welt, die da zu entdecken ist“, berichtet Anne Bohnenkamp, Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts / Frankfurter Goethe-Museums, wo noch bis zum 6. Februar die Ausstellung „Goethe und Schiller für Kinder“ zu sehen ist (Sonntag bis Freitag 10 bis 17.30 Uhr, Sonnabend 10 bis 18 Uhr, letzter Sonnabend im Monat 10 bis 20 Uhr). Goethe wird’s gefallen: In dem Haus am Großen Hirschgraben 23–25, das jetzt ein Museum ist, lebte er einst als Junge und schmökerte in der Bibliothek seines Vaters, am liebsten in „El Goffredo oder Das befreite Jerusalem“. Später kaufte er sich die preisgünstigen Volksbücher mit Geschichten um den schlauen Reineke Fuchs oder den unheimlichen Doktor Faust. Kinderbücher im eigentlichen Sinn gab’s zu der Zeit noch nicht. Ganz anders heute: Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt wenden sich direkt an die jungen und jüngsten Leser, bieten ihnen klassischen Stoff in kindgerechtem Ton an. Das war nicht zuletzt auch der Auslöser für die Frankfurter Ausstellung, in deren Mittelpunkt die aktuellen Arbeiten bekannter Kinderbuchillustratoren stehen. Gedichte, Balladen, Dramenausschnitte und ganze Dramen etwa in der Nacherzählung von Barbara Kindermann haben Wolf Erlbruch, Tomi Ungerer, Hans Traxler, Peter Schössow, Klaus Ensikat, Bernd Mölck-Tassel und auch Janosch inspiriert. Die Originale sind ebenso zu sehen wie fertige Bücher, darunter auch eines aus dem Jahr 1948, das Illustrationen der Ostpreußin Liselotte Popp zu Goethes Gedicht „Auf dem Jahrmarkt“ zeigt. Viele neugierige Besucher wünscht sich das Goethe-Museum, Besucher, die lesen und zuhören wollen, die selber malen, schreiben und dichten wollen. Gemeinsam will man den unermeßlichen Sprachschatz der deutschen Dichter heben. Eine Schatzsuche, die ganz gewiß allen Beteiligten Spaß macht und die manchen Erwachsenen in Erstaunen versetzen wird, wenn Kinder sich mit großer Begeisterung ernsthafter Literatur zuwenden. Peter van Lohuizen
Faust im Studierzimmer: Der Graphiker Klaus Ensikat wurde 1937 in Berlin geboren und ist ein bekannter Illustrator von Bilder- und Kinderbüchern. Mit „Faust“ und „Wilhelm Tell“ illustrierte er zwei Schlüsselwerke der deutschen Klassik.
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