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Es ist ja schon schwer genug, sich in anderen Städten zurechtzufinden. Wer mit dem Auto als Neuankömmling durch Rom fährt (die engen Gassen) oder durch Wien (überall Einbahnstraßen), kann ein Lied davon singen. Da stehen einem schnell die Haare zu Berge und / oder der Schweiß auf der Stirn. Richtig spaßig wird es aber erst außerhalb Europas. Israel gehört zwar noch zum westlichen Kulturkreis. Aber schon die Sprache macht das Lesen der Verkehrsschilder für einen Jerusalem-Touristen zu einem unvergeßliche n Erlebnis. Wer kennt schon hebräische Schriftzeichen?
Nun ist es in Israel so, daß unter dem Hebräischen die englische Übersetzung steht - in lateinischen Buchstaben versteht sich. Und trotzdem muß der Autofahrer höllisch aufpassen, weil die Übersetzungen immer risikobehaftet sind. So entpuppt sich die "David-Ben-Gurion-Straße" aus dem Stadtplan als "Gurion-Street" auf dem Straßenschild. Oder umgekehrt. Aber wer kann schon darauf achten, wenn er im normalen Stadtverkehr sein Ziel sucht, den Stadtplan neben sich auf dem Beifahrersitz ausgebreitet. Und gnade ihm Gott, wenn der Tourist versehentlich in die schmalen Gassen der Jerusalemer Altstadt gerät!
"Bei uns kann so was nicht passieren", denken Sie? Falsch. Berlin-Touristen, die Pech haben, könnten an einen der Stadtpläne der Wall AG geraten. Am Alexanderplatz hing ein solcher, bis kundige Berliner plötzlich stutzig wurden: Warum heißt die Danziger Straße denn immer noch Dimitroffstraße? Und die Otto-Braun-Straße ist nach Hans Beimler ("Spanienkämpfer", KPD-Apparatschik) benannt - wie zu Erichs Zeiten.
Zurück in die Vergangenheit mit der Wall AG? Die Firma bedauert den Vorfall. Inzwischen ist das Plakat ausgetauscht. Damit heißt auch die Clara-Zetkin-Straßen in Mitte wieder richtig, nämlich Dorotheenstraße. Aber die 596 Luxemburg- und Liebknecht-Straßen, die nach 1990 in Mitteldeutschland nicht umbenannt worden sind? Die 613 Thälmann-Straßen und -plätze? Mit denen müssen wir wohl weiterleben. Nach antikommunistischen Widerstandskämpfern sind kaum Straßen benannt. Angesichts der vielen kommunistischen Denkmäler, Feiertage und Sprachregelungen, die das wiedervereinigte Deutschland schon übernommen hat, ist der Vorfall vielleicht mehr als nur ein Versehen: eine Warnung. |
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