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Das Beispiel Rumäniens zeigt, wie die Verabschiedung von Restitutionsgesetzen erst große Hoffnungen weckt, um dann der Desillusionierung Platz zu machen.
Schon die bisherigen Rückerstattungen von Bodeneigentum endeten, sofern es sie überhaupt gab, mit Enttäuschungen. Der Vorsitzende der Freundeskreis der Siebenbürger Sachsen, Volker Dürr, sprach gegenüber dem sogar von einem "Fiasko".
Bei den Zuteilungen habe es große Ungerechtigkeiten gegeben; die heimatverbliebenen Sachsen hätten in der Regel nicht den einstigen Besitz zurückbekommen, sondern seien mit anderen landwirtschaftlichen Flächen oder Waldgebieten "entschädigt" worden, bei denen die zu entrichtenden Steuern oft höher ausfielen als die Erträge .
Kaum mehr Anlaß zur Freude liefert eine Untersuchung des am 8. Februar 2001 verabschiedeten und am 14. Februar in Kraft getretenen Gesetzes Nr. 10, mit dem sämtliche Enteignungen zwischen dem 6. März 1945 und dem 22. Dezember 1989 für willkürlich und unrechtmäßig erklärt werden.
Auf dieser Basis können unabhängig von der jetzigen Staatsbürgerschaft der Antragsberechtigten Häuser, Höfe, Wirtschaftsgebäude, Gärten, Hofstellen und nach Abriß freistehender Baugrund zurückgefordert werden, indem über Gerichtsvollzieher entsprechende Anträge an den jeweils zuständigen Bürgermeister gestellt werden.
Liegt eine andere als die rumänische Staatsangehörigkeit vor, dürfen laut Gesetz jedoch nur die enteigneten Gebäude restituiert werden, nicht aber die unbebauten Flächen drumherum. Für letztere ist ein Nutzungsrecht vorgesehen.
Sofern es sich um Fabriken, Handwerksbetriebe, Kaufhäuser, Gaststätten, Banken usw. handelt, müssen die Anträge direkt an die heutigen "Besitzer" (Unternehmen, Verbände etc.) gehen. Und in solchen Fällen, in denen das geraubte Eigentum an andere Privatpersonen fiel, ist die Rumänische Treuhandgesellschaft zuständig.
Explizit ausgeklammert vom neuen Gesetz sind Ackerland, Wiesen, Weiden und Wälder. Problematisch ist zudem der Stichtag: Alle Anträge müssen schon bis zum 14. August dieses Jahres gestellt werden. Sowohl das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) als auch die Freundeskreisen in der Bundesrepublik haben vergeblich versucht, eine Verlängerung durchzusetzen.
Auch weisen sie auf die vielen Unzulänglichkeiten des nur auf den ersten Blick rundum erfreulichen Gesetzes hin. Denn der Teufel steckt im Detail der 52 Artikel der im rumänischen Parlament jahrelang diskutierten und zusehends verwässerten Bestimmungen.
Für Volker Dürr ist das Bedenklichste, daß zwar die formellen Grundlagen für eine Eigentumsrückgabe gegeben seien, jedoch die entsprechenden Durchführungserlasse fehlten. Auf diese würde man wohl noch so lange warten müssen, "bis die Frist der Anmeldung von Ansprüchen vorbei ist".
Schaut man sich das Gesetz Nr. 10 genau an, steht die Rückgabe enteigneter Immobilien nur im Ausnahmefall zur Debatte. In der Regel muß diese hinter einem komplizierten Geflecht von Entschädigungsmaßnahmen zurückstehen, die obendrein nur bei Wohnhäusern und Hofstellen aus Bargeld bestehen sollen, ansonsten etwa bei Fabriken, Handwerksbetrieben oder Hotels aus Aktien und speziellen Wertbriefen.
Zwar müßten sich die Ausgleichszahlungen am Verkehrswert der Immobilien zum Zeitpunkt der Enteignung orientieren, doch das ist wohl pure juristische Theorie. Viel wahrscheinlicher ist, daß beispielsweise beim noch zu erlassenden Gesetz über die Höhe von Geldentschädigungen für Wohnimmobilien bestimmte (und zwar niedrige) Obergrenzen festgesetzt werden.
Schließlich ist der rumänische Staat bettelarm, und die EU wird, obwohl sie auf die Verabschiedung des Februargesetzes gedrängt hat, in dieser Sache den Geldhahn tunlichst zugedreht lassen.
Wie groß angesichts der Rahmenbedingungen das Interesse ausgesiedelter Siebenbürger Sachsen, Banater und Sathmarer Schwaben, Dobrudscha- oder Bukarestdeutscher an einer Nutzung des Gesetzes ist, kann man zur Zeit nicht genau sagen. Dürr spricht davon, daß es "bei Null" liege, auch wenn es einzelne Anwaltgruppen gebe, die für private Interessenten in Siebenbürgen aktiv würden, um Grundbücher einzusehen und die Rückgabe vor Ort anzumelden.
Die zweifelhaften Erfolgsaussichten dürften für das geringe Interesse ebenso veranwortlich sein wie die weitgehende Integration, ja Assimilation der Rumäniendeutschen in der Bundesrepublik. Hinzu kommt, daß bei einer Restitution der in Deutschland erhaltene Lastenausgleich zurückgezahlt werden müßte und Rumänien mit seinen nach wie vor schwierigen Lebensverhältnissen inklusive wirtschaftlicher Not, geistiger Desorientierung und Korruption nicht gerade zu einer Heimkehr verlockt.
Während sich das Demokratische Forum etwas zuversichtlicher gibt, die Rückkehr wenigstens eines kleinen Teils der Aussiedler ersehnt und den Freundeskreisen vorwirft, nicht genug für eine bessere Restitution von privatem Grund- und Wohneigentum zu tun, setzen die hiesigen Organisationen andere Akzente.
Vor allem versuchen sie, repräsentative Gebäude aus dem Gemeinschaftsbestand ihrer Volksgruppen meist Kirchenbesitz zurückzuerhalten. Aber auch dieses Begehren war bisher nur selten von Erfolg gekrönt. Die Siebenbürger Sachsen müssen zur Zeit beispielsweise um das frühere Waisenheim in Hermannstadt kämpfen, in dem sie ihr Zentralarchiv aufbauen.
Der Fall ist symptomatisch: Man führte einen Rückgabeprozeß, der über zwei Instanzen auch gewonnen wurde, ehe in Bukarest drittinstanzlich die Restitutionsentscheidung wieder zurückgenommen wurde. Zur Zeit befindet man sich in einer Schwebelage, in der die Arbeiten im Waisenheim zwar geduldet, aber auch jederzeit beendet werden können. Angesichts dieser Misere bleibt den sächsischen Aktivisten nur zweierlei: Zähigkeit und das Hoffen auf bessere Zeiten.
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