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Meine Mutter und meine drei Geschwister hatten Weihnachten und Silvester sowie die Goldene Hochzeit auf der Flucht von Karkeln in Biegiethen bei Neukuhren gefeiert. So um den 23. Januar 1945 machten wir uns auf den Weg, um über Cranz und Königsberg nach Labiau zu kommen. Auf dem Nordbahnhof war kein Durchkommen. Er war verstopft mit Flüchtlingen, Verwundeten sowie weinenden Müttern und Kindern. Unten auf dem Bahnsteig Königsberg-Labiau-
Tilsit sollte ein Zug bereitgestellt werden, der nach Labiau fahren sollte. Es vergingen Stunden, bis die Entscheidung gefallen war und ein mit Schnee bedeckter Güterzug, gesichert mit zwei leichten Flakgeschützen, bereitgestellt wurde. Meine Mutter schaffte es, daß wir mitfahren konnten. Die Soldaten besorgten noch Decken, denn es war ja ein ostdeutscher Winter. Es verging noch eine Weile und der Zug setzte sich in Bewegung. Die Fahrt verlief einigermaßen störungsfrei, bis zum Haltepunkt Kuth. Eine Weiterfahrt nach Labiau gab es nicht mehr, da in der Stadt sich schon heftige Straßenkämpfe entwickelt hatten. Erinnert sei hier an die Kämpfe auf dem Marktplatz und in der Königsberger Straße. Ein Funkspruch kam in Kuth an, daß der Kreisvertreter bei diesem Kampf gefallen sei. Ein weiterer Funkspruch wurde empfangen, daß in wenigen Minuten die Eisenbahnbrücke über die Deime gesprengt werde, was wir auch lautstark vernehmen konnten. Dieser letzte Zug nach Labiau kam nicht mehr dazu, die noch auf dem Bahnhof vorhandenen Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen. Nachdem die Lokomotive mit Hilfe der Soldaten mit Holz versorgt und wieder unter Dampf gesetzt war, ging es wieder in Richtung Königsberg, zurück blieben Flüchtlinge, eine brennende Stadt und der Geschützdonner.
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