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Parteien im Wechselbad der Gefühle: Ein Berliner Gericht erlegt der CDU ein Strafgeld in Höhe von 21 Millionen, berechnet noch in guten alten DM, auf - im linken Lager freut man sich nicht nur "klammheimlich" über die indirekte Wahlkampfhilfe. Nahezu zeitgleich werden in Köln die Drahtzieher der SPD-Schmiergeld-Affäre in Haft genommen - in nichtlinken Kreisen nimmt man die Ablenkung von eigenen Spenden-Sünden dankbar an. Also Schadenfreude auf beiden Seiten, es steht sozusagen unentschieden, die Parteispendenskandale haben in der Summe keinen Gewinner, wohl aber viele Verlierer.
An erster Stelle unter den Verlierern ist der Bürger zu nennen. Er ist dabei, auch noch den letzten Rest an Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen zu verlieren. Ist Deutschland eine "Bananen-Republik"? Oder, um Kölsche Spezialitäten auf das ganze Land zu übertragen, eine "Klüngel-Republik"? Selbst betont staatstragende Kräfte tun sich zunehmend schwer, gegen derlei Verdächtigungen zu argumentieren. Denn daß Parteien (bei weitem nicht nur die beiden großen Volksparteien, die jetzt ertappt wurden) einen ausgeprägten Hang zu "kreativer Buchführung" haben, weiß man nicht erst seit Kohl und Kanter. Und daß im Zusammenspiel zwischen öffentlichen Auftraggebern und privaten Anbietern so manches "wie geschmiert" läuft, ist weder neu noch auf den Großraum Köln beschränkt. Allenfalls wird in der rheinischen Frohsinns-Metropole etwas lockerer mit dem legendären "Vitamin B" umgegangen, etwa nach dem Motto: Hier braucht man keine "Beziehungen", es reicht, wenn man die richtigen Leute kennt.
Auf der Verliererseite sehen wir auch die Rechtskultur, das Rechtsempfinden. Wer will es "Otto Normalverbraucher" noch übelnehmen, wenn er es bei der jährlichen Steuererklärung oder bei der Schadensregulierung gegenüber der Haftpflichtversicherung nicht "ganz so genau" nimmt, wenn er im Straßenverkehr nach Lust und Laune entscheidet, ob er sich an Tempolimit oder Parkverbot hält oder nicht, wenn er im politischen oder ideologischen Meinungsstreit "Regelverstöße" für rechtens hält, um auf sich und seine persönliche Meinung aufmerksam zu machen. "Die da oben" machen es "denen da unten" ja vor: Was recht und was unrecht ist, bestimme ich!
Verloren hat auch die politische Klasse - nämlich ein weiteres Stück Glaubwürdigkeit. Bei diesen "Verlierern" hält sich unser Mitgefühl allerdings in durchaus erträglichen Grenzen - wer so wenig selber dafür tut, seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden, braucht sich über Politik- beziehungsweise Politiker-Verdrossenheit nicht zu beklagen.
Es gibt aber noch eine Kategorie von Verlierern, über die nur selten geredet und geschrieben wird: Viele tausend ehrliche und anständige Bürger, die regelmäßig ihre Freizeit opfern, um ehrenamtlich in Kommunalparlamenten und Rathäusern "Politik vor Ort" zu machen. Bei aller verständlichen Wut über die kriminellen Machenschaften der Kölschen Klüngel-Genossen: Dies sind die "schwarzen Schafe", auch wenn sie inzwischen leider allzuweit über die ganze Republik verbreitet sind.
Man hüte sich vor Verallgemeinerungen. Natürlich ist Karl Wienand ein Ärgernis, natürlich macht es zornig, daß ein solcher Mann mit all seinen Affären - Paninter-Skandal, gekaufte Stimmen beim Mißtrauensvotum gegen Brandt, Verurteilung als Stasi-Spion - bei einer großen demokratischen Volkspartei immer wieder den "Mann fürs Grobe" geben darf. Aber Wienand ist nicht "der typische Politiker", und er ist auch nicht "der typische Sozi".
Hier wäre des Kanzlers "Aufstand der Anständigen" wirklich wünschenswert: Amts- und Mandatsträger aller Parteien, vereinigt euch und wehrt euch dagegen, mit den Wienands und den Kanthers gleichgesetzt zu werden! Sonst wird man irgendwann überhaupt keine ehrlichen und anständigen Menschen finden, die sich für ehrenamtliche öffentliche Dienste zur Verfügung stellen. Und dann wäre Deutschland wirklich eine Bananen- oder Klüngel-Republi |
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