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Die Angst vor heiklen Themen

 
     
 
Diesen Sonntag ist es soweit. Dann werden die Goldenen und Silbernen Bären vergeben. Dann werden die Laudatoren sanfte Worte sprechen, die geehrten Künstler sich überschwenglich bedanken und erklären, ohne ihr Publikum seien sie nichts. Was sagte Müntefering doch gleich? Es sei unfair zu glauben, was Politiker in Wahlkampfzeiten so von sich geben. Das gleiche gilt für Schauspieler bei der Berlinale ...

Das Hauptkriterium der Berlinale-Jury scheint immer das gleiche: Politische Korrektheit. Dabei wird offenbar eine präzise begrenzte Auswahl von Themen bevorzugt und "preisbewußte" Regisseure
tun gut daran, sich an diesen unausgesprochenen Kanon zu halten. In dieses Schema passen Produkionen wie "Bordertown" (Thema: Frauenbenachteiligung, Diskriminierung von Ausländern), "Die Fälscher" (Naziverbrechen), "Der gute Hirte" (Kampf gegen Nazis), "Goodbye Bafana" (Rassismus) oder "Irina Palm" (Frauendiskriminierung).

An anderen, spannenden Gegenwartsthemen dagegen mangelt es zwar nicht, aber sie finden sich bei dem Filmfestival kaum oder nur am Rande wieder. Was ist mit dem "Kampf der Kulturen"? Was mit der gescheiterten Integration, den von Paris bis Berlin sichtbar werdenden Verwerfungen der "multikulturellen Gesellschaft", die das Leben der Menschen jeden Tag überschatten und zunehmend Sorge auslösen? Was nicht in das Schwarz-Weiß-Raster paßt, hat es schwer.

Doch es gibt Lichtblicke. Selbst in den - scheinbar - ausgetretenen Pfaden der "Erinnerungskultur". So zum Beispiel in Clint Eastwoods Drama "Letters from Iwo Jima", einer Art Fortsetzung seines Films "Flags of our Fathers". Beide Streifen schildern den erbitterten Kampf um eine Pazifikinsel 1945, einmal aus der Sicht der Japaner und einmal aus der Sicht der Amerikaner (letzterer nicht im Wettbewerb).

In "Flags" steht die später weltbekannte Errichtung der US-Flagge durch einige junge GIs im Mittelpunkt der Erzählung, die 1945 nachträglich für die Kamera inszeniert wurde. Beide Filme sind ein Gesamtkunstwerk, das den Zweiten Weltkrieg aus der Sicht der Soldaten beider Seiten nacheinander schildert und so mit gewohnten Gut-Böse-Schemata bricht. Wenn "Letters" einen Preis bekäme, wäre das eine kleine Sensation.

Außer Konkurrenz wird auch der Film "Das Haus der Lerchen" gezeigt. Franz-Werfel- ähnlich handelt der Spielfilm von der Flucht einer armenischen Familie vor den Türken ab 1915. Es sei der "wichtigste, der aufwühlendste Beitrag" findet der "Spiegel". Im Vorfeld gab es Befürchtungen, einige der 250000 Berliner Türken könnten mit Tumulten die Uraufführung
 
     
     
 
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