A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Die Fratze des Fortschritts

 
     
 
Haben wir den Rubikon endgültig überschritten? Die britische Entscheidung, das Klone von bis zu zwei Wochen alten menschlichen Embryonen zu erlauben, ließ wohl den meiste von uns den Schreck in die Glieder fahren.

Die Gegner jenes umstrittenen Fortschritts stammen aus sehr unterschiedlichen Lagern die sich in anderen, den Umgang mit menschlichem Leben betreffenden Fragen geradez feindselig gegenüberstehen. Den nachhaltig
sten Widerstand üben die religiö Motivierten: Der Mensch dürfe nicht gleichsam Gott spielen und sich selbst erschaffen.

Andere, profanere Kritik kommt indes aus Kreisen, deren Empörung eher reflexhaf erscheint. Abermals geht es um die Verhinderung einer Zukunftstechnologie, wie es scheint Denn dieselben Gruppierungen gingen bereits – man mag es kaum noch glauben – vo Jahren gegen den Computer in Stellung, weil dieser Arbeitsplätze vernichte. Oder gege die Raumfahrt, weil die ja nur Geld koste und nichts einbringe. Beides hat sich als bare Unsinn erwiesen. Der Protest ist längst verhallt, der angelernte Alarmismus aber blieb Und so geht es jetzt gegen Genmanipulation, bei Menschen ebenso wie bei Mais.

Was den Sturmlauf gerade linker Gruppen gegen die britische Entscheidung so unglaubhaf macht, ist deren sehr selektive Ansicht zum Thema Schutz menschlichen Lebens. Was soll ma davon halten, daß hier Demonstranten gegen das Klonen zweiwöchiger Embryonen trompeten die gleichzeitig fanatisch dafür kämpfen, daß derselbe werdende Mensch noch Monat später abgetrieben werden darf, so die Mutter es nur wünscht ("Mein Bauch gehör mir!")?

Die Befürworter des Klonens menschlicher Stammzellen führen phantastische neu Möglichkeiten in der Heilung schlimmer Krankheiten an. Die sind allerdings noc umstritten. Überdies wird gewarnt, es ändere global gar nichts, wenn Deutschland sic der neuen Technik verschließe. Nur daß wir abermals den Anschluß verpaßten, klug Köpfe der deutschen Forschung ins Ausland abwanderten wie schon so oft.

Indes: Forschung ist in aller Regel nur dann wirtschaftlich reizvoll, wenn sich die Ergebnisse anschließend patentieren, also vor ungebetener Nachahmung schützen lassen Genau dies ist in der EU aber verboten: Menschliche Gene sind (bislang) nich patentierbar.

Doch an der ethischen Dimension ändert das alles nicht das geringste: Menschlich Organe sollen als Ersatzteile oder Versuchsobjekte produziert werden. Zu "Herstellung" kompletter genetisch gleicher Menschen ist es da nur noch ei kurzer Schritt. Oder zur Schaffung grotesker Mischwesen, dumpfer, menschenähnliche Kampfmaschinen etwa.

Dem platten Argument, man könne sich dem "Fortschritt" sowieso nicht in de Weg stellen, darf nicht alles einfach untergeordnet werden. Wie Konservative wissen, gib es "Fortschritt" als immerwährende Verbesserung unseres Lebens sowieso nicht Eher schon gleicht die Entwicklung der Menschheit einer Wanderdüne, die hinten ungefäh ebensoviel an Altem verliert wie sie vorn an Neuem hinzugewinnt. Und es ist mehr als fraglich, ob der Zugewinn an medizinischer Fertigkeit durch das Klonen menschliche Stammzellen den gewaltigen Verlust an bewährten ethischen Werten jemals wir rechtfertigen können.

Die Debatte über jene unheilschwangere Botschaft aus England sollte nicht im Detai steckenbleiben, denn sie ist nur ein Aspekt einer viel größeren, weit tiefergehende Misere. Im Glauben an den "Fortschritt", ja an die Notwendigkeit, daß Alte schon deshalb weg muß, weil es schon so lange da ist, ging unser Blick, unser Empfinde für den tagtäglichen Verlust fast gänzlich verloren.

In kaum einem Jahrhundert wurde so lustvoll Hergebrachtes sinnlos vernichtet wie in abgelaufenen – und wie es scheint, in keinem Land des Globus derart radikal wie in Deutschland. Ganz wie Bertolt Brecht es forderte: "Lieber das schlechte Neue als da gute Alte!"

So wurde abgeräumt und planiert unter der herrischen Phrase, das Hergebrachte sei ebe nicht mehr "zeitgemäß". Dieses Niederwalzen umfaßte alle Bereiche und dring nun – beinahe zwangsläufig – in den Kern unserer ethischen Fundamente vor: de Respekt vor dem menschlichen Leben, seiner göttlichen Abkunft und Einmaligkeit.

Viele, die jetzt entsetzt aufschreien, müssen sich fragen lassen, wie lange sie ebe diesen Prozeß lustvoll, ja aggressiv vorangetrieben haben, vor dessen schaurige Konsequenz sie jetzt erstarren.
 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Als böse Opfer ausgegrenzt

Schritt Richtung Zentrum gegen Vertreibungen?

Admiral a. D. Marcel Duval sieht Europa vor einer Krise

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv