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Sie war brünett, sehr schlank und feingliedrig, geschmeidig, gut gewachsen, außerordentlich graziös und besaß aparte, in höchstem Grade edle Gesichtszüge. Auch ihre Augen glänzten." Kein Wunder also, daß der 22jährigen Ariadna die Männerherzen scharenweise zuflogen, doch sie träumt nur von Titel und Glanz. Auch der Erzähler ist dem Liebreiz der jungen Frau erlegen und obwohl er an ihren Augen erkennt, daß sie ihn nicht liebt, reist er mit ihr nach Italien, erfüllt ihr jeden Wunsch, koste es auch das Vermögen seines Vaters. Am Ende klagt der nun Mittellose einem Passanten sein Leid und bezichtigt alle Frauen der Schamlosig- und Lasterhaftigkeit.
Die Erzählung "Ariadna" ist jedoch nur eine von 16 Erzählungen Anton Tschechows in dem gleichnamigen Band, der einige Erzählungen des russischen Autors der Jahre 1892 bis 1895 beinhaltet.
Zum 100. Todestag hat das patmos Verlags haus in der Reihe Winkler Weltliteratur die großen Erzählungen von Anton Tschechow in neuer Übersetzung herausgegeben. Der Verlag betont, daß er bekannte und erfahrene Übersetzer für die Jubiläumsausgabe, die aus sechs Bänden besteht, gewinnen konnte. Sie sollen die Leichtigkeit, den oft ironischen Unterton und die stets souveräne Distanz des russischen Originaltextes bewahrt haben. Auch soll die Lebendigkeit und Frische der Tschechow schen Erzählkunst in dieser zeitgemäßen Übersetzung klarer hervortreten. Doch von all dem ist nicht viel zu spüren. Die Erzählungen, die überwiegend von jungen, oberflächlichen, fremdgehenden Frauen handeln, gleichen einander. Distanz ist zwar zu spüren, doch Leichtigkeit? Ironie? Ob dies jedoch an der Übersetzung liegt, oder ob Tschechows Erzählstil einfach doch zu weit von der Gegenwart entfernt ist, ist in Unkenntnis des Originals schwer zu beurteilen.
Anton Tschechow: "Ariadna - Erzählungen 1892 bis 1895", Winkler Weltliteratur, Düsseldorf 2004, geb., 564 Seiten, 24,90 Euro
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