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Goldgelbe Löwenzahnwiesen, schattige Chausseen unter blütenweißen Wolkenschiffen am tiefblauen Himmel oder knorrige Baumseelen an verschilften Seen sind Markenzeichen der Malerin Ursel Dörr. Sie wurde am 17. März 1944 im ostdeutschen Osterode geboren. Neun Monate war sie alt, als die Familie mit einem der letzten Züge fliehen konnte. "Obwohl ich in Bad Homburg zu Hause bin und mich im Taunus sehr wohl fühle, war das starke Bedürfnis da, nach meinen Wurzeln zu suchen", so die vielseitige Künstlerin. 42 Jahre nach der Flucht besuchte sie Rapatten, einen idyllischen kleinen Ort in Masuren. "Ich empfand sofort den Wunsch, meine Eindrücke in Bilder umzusetzen", sagt sie. Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußte - Rapatten war der Geburtsort ihres Großvaters. "Er hat mir den Malerpinsel in die Hand gegeben", ist sie heute fest überzeugt.
Ihre Ausbildung begann zunächst mit Einzelunterricht bei Hildegard Zeidler (Steinbach/Taunus). Es folgten Gruppenseminare bei Prof. Ursprung (Städel-Galerie, Frankfurt), Boris Keller und Ann Limnos Margetisch (beide Wien), Heinrich Demel (Friedrichsdorf) und anderen. Studienaufenthalte führten nach Rußland, Litauen, Polen, Österreich. Einzelausstellungen im In- und Ausland folgten. Buchumschläge wurden nach Motiven ihrer Bilder erstellt, unter anderem für die 12. Auflage des Romans "Die Mücke im Bernstein". Ursel Dörr ist Gründungsmitglied der "Künstler-Kolonie Hochtaunus" mit Sitz in Friedrichsdorf-Köppern, einem Regional-Stammtisch des Steinbach-Ensembles Baden-Baden .
Seit mehr als zehn Jahren nun findet stets im August die "Ausstellung im Garten" statt. Dazu öffnet die Familie Dörr ihren privaten Garten in der Saalburgstraße und schafft eine ganz besondere Ausstellungsatmosphäre. Die Bilder, fast allesamt Ostdeutschland-Kompositionen, drängen sich nicht auf, sondern fügen sich in die Harmonie der Natur ein, hängen an Bäumen und in Nischen, an Holzstapeln und im großen Kräuterbeet.
Tochter Diana begleitete die Mutter vor zehn Jahren zum ersten Mal nach Ostdeutschland, um "mal neugierig alles anzusehen". Das Schicksal der notleidenden Bevölkerung veranlaßte sie, eine private Hilfsinitiative zu gründen. 1994 wurde das "Über alle Grenzen Hilfswerk e. V." gegründet, in dem die gesamte Familie mithilft. Im Laufe von rund zehn Jahren sind über 30 Transporte mit jeweils bis zu 36 Tonnen Hilfsgütern wie Gartengeräte und Gemüsesamen, Möbel und Baumaterialien, Lebensmittel und Kleidung nach Ostdeutschland geschickt worden. "Haus und Garten sahen vor jedem Transport aus wie ein Warenlager, es blieben nur noch schmale Durchgänge für die Familie", schmunzelt Ursel Dörr heute über das Engagement der Tochter.
Die Hilfe aus dem Taunus unterstützte rußlanddeutsche Neusiedler aus Kasachstan, Sibirien, Usbekistan im Königsberger Gebiet, bedürftige russische Familien und Rentner, Straßenkinder und Schulspeisung sowie Kinderheime, Krankenhäuser und Altenheime. Verschiedene Nähstuben erhielten ebenfalls Hilfe zur Selbsthilfe. Die dort gefertigten Handarbeiten wurden ebenfalls regelmäßig während der Gartenausstellung in Bad Homburg verkauft. Mit einem Teil der Verkaufserlöse ihrer Bilder unterstützt Ursel Dörr die humanitäre Initiative von Tochter Diana. "Aus Dankbarkeit, die schwere Zeit als Flüchtlingskind so gut überstanden zu haben", sagt sie. Christel Wösner-Rafael
Kunst hilft Kindern: Auf der 11. Ausstellung im Garten (7. / 8. August, 11-19 Uhr, Saalburgstraße 95, 61350 Bad Homburg) zeigt Ursel Dörr eine Auswahl ihrer neuen Bilder. Der Erlös geht an Straßenkinder im Königsberger Gebiet. Foto: Wösner-Rafael
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