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Die kroatische Linksregierung von Ministerpräsident Ivica Racan ist bei der Vertrauensfrage an das Zagreber Parlament noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.
Im Streit um die Auslieferung von "Kriegsverbrechern" nach Den Haag schenkten ihr in der Nacht von Sonntag auf Montag 93 Abgeordnete das Vertrauen, während 36 gegen die Regierung stimmten.
Unmittelbarer Auslöser der Krise war der demonstrative Rücktritt von vier der fünf Minister der Sozialliberalen Partei (HSLS). Die Minister Hrvoje Kraljevic (Kultur), Gornako Fizulic (Wirtschaft) und Jozo Rados (Verteidigung) sowie Vizeministerpräsident Goran Granic empörten sich über die Entscheidung vom 7. Juli, zwei Armeegeneräle an das international e Tribunal in den Niederlanden auszuliefern.
Die Sozialliberale Partei ist die zweitstärkste Kraft in der Fünf-Parteien-Koalition mit den So- zialdemokraten, der Bauern- und der Volkspartei sowie den Liberalen. Ihr bisheriger Vorsitzender Drazen Budisa trat aus
Verärgerung über die aktuelle Entwicklung von seinem Amt zurück.
Mittelfristig dürften der Regierung Racan in dieser Frage noch harte Zeiten bevorstehen, zumal es in Kroatien eine breite Protestbewegung gegen die geplante Auslieferung der Generäle Ante Gotovina und Rahim Ademi gibt. Insbesondere General Gotovina gilt als Nationalheld. Er spielte eine wesentliche Rolle bei den Kriegshandlungen in der Herzegowina 1993/94 und war Oberkommandierender bei der Rückeroberung derKrajina im Jahre 1995.
Nicht nur die oppositionelle nationalkonservative Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) und verschiedene Veteranenverbände verneinen den Vorwurf von Kriegsverbrechen und lehnen die Zuständigkeit des Tribunals in Den Haag ab, das in ihren Augen keineswegs gänzlich frei ist von politischen Einflußnahmen.
Am 12. Juli haben beispielsweise elf der bekanntesten kroatischen Sportler ein Protestschreiben an die Regierung geschickt. Einer von ihnen ist der frisch gekürte und bei seiner Rückkehr nach Split von 150 000 Menschen enthusiastisch gefeierte Wimbledonsieger Goran Ivanisevic.
In dem Brief heißt es u. a.: "Kroatien war ein Opfer (in den Kriegen von 1991-95; Anm. d. Verf.), und seine Generäle waren Helden. Wir waren geschockt zu erfahren, daß die Regierung beschlossen hat, zwei Generäle nach Den Haag auszuliefern."
Die allgemeine Wut ist groß und kann auch dadurch nicht beschwichtigt werden, daß Regierungschef Racan mit dem Hinweis auf einen Gesetzesartikel, in dem sich Kroatien zur Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal verpflichtete, die Erpressungspolitik der USA und der EU zu verschleiern versucht. (LvV)
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