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Das inzwischen schon peinliche Festhalten an alten Versprechungen nimmt bald ein Ende. Die Türkei hat keine realistische Chance, in die Europäische Union aufgenommen zu werden; das ist im Grunde allen Beteiligten trotz häufig gegenteiliger Beteuerungen in der Öffentlichkeit klar. Jeden einzelnen Schritt der Beitrittsverhandlungen müssen - ab Januar 2007 - 27 Mitgliedsstaaten einstimmig billigen. Selbst der mit zehn Jahren äußerst großzügige Zeitrahmen reicht da nicht aus, die politische und kulturelle Kluft überbrücken zu können.
Jetzt hat sich ein Weg angeboten, die bereits 1963 angedachten Beitrittsverhandlungen auf eine für beide Seiten akzeptablen Weise zu einem Ende zu bringen: mit der eher nebensächlichen Zypern-Frage. Die Türkei weigert sich beharrlich, die Assoziierungsabkommen mit der EU auch auf den Inselstaat auszudehnen und damit Schiffen und Flugzeugen aus Zypern Zugang zu Häfen und Flughäfen zu gewähren. Die EU hatte sich damit eine geschickte Sollbruchstelle in die Verhandlungen eingebaut. Zuletzt hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Türkei auf die "Ausladung" eingestellt.
Für die Türkei bietet sich mit der Zypern-Frage die Chance, ein Thema von nationaler Bedeutung zu inszenieren, an dem die Beitrittsverhandlungen zum Stillstand kommen.
Jenseits des Bosporus ist die anfängliche starke Begeisterung für Europa ohnehin auf weniger als 50 Prozent Zustimmung abgeklungen. Jetzt können die türkischen Regierungspolitiker die abschließenden Vorschläge der EU-Außenminister am 11. Dezember in aller Ruhe abwarten - und vor der eigenen Bevölkerung ihr Gesicht wahren.
Der Nordteil Zyperns ist seit 1974 türkisch besetzt, der Süden der Insel ist griechisch dominiert. Inzwischen hat die EU durchgesetzt, daß der innerzyprische Personenverkehr und Handel weitgehend reibungslos läuft. Brüssel läßt sich das Entgegenkommen 139 Millionen Euro an Finanzhilfe für den türkischen Nordteil kosten. Allerdings hält Brüssel als Druckmittel auch das Handelsembargo gegen Nordzypern aufrecht - nicht nur auf Verlangen der Inselgriechen.
Die Türkei hatte das sogenannte Ankara-Protokoll, das den freien Warenverkehr von der gesamten Insel in die Türkei garantieren soll, zwar unterzeichnet, dann aber die Ratifizierung dauerhaft verweigert. |
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