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Das hat sie sich ganz gewiß nicht gedacht, daß ihre schlichten Worte einmal einen Siegeszug um die Welt machen würden, die Dichterin Martha Müller-Grählert von der pommerschen Insel Zingst, wo sie vor 125 Jahren am 20. Dezember zur Welt kam. Als sie zur Feder griff und ihre Verse, die vom Heimweh sprechen, niederschrieb, war sie gerade mit ihrem Mann, dem würdigen Chemie professor Müller, im fernen Japan, wo der Professor an einer Landwirtschaftsschule lehrte. Ihr Gedicht „Mine Heimat“ mit den Anfangszeilen „Wo de Ostseewellen trecken an den Strand ...“ schickte sie nach Hause, dort wurden sie in den „Meggendorfer Blättern“ 1908 zum ersten Mal veröffentlicht. Andere Quellen sprechen von 1902 und von Bad Prerow auf dem Darß, wo sie den Text verfaßte.
Martha Müller-Grählert, die, von ihrem Mann geschieden, ein bescheidenes Leben führte, starb am 19. November 1939. Auf dem Kirchhof in Zingst liegt sie begraben. Ihre Worte aber gingen um die Welt. Ein Flensburger Glaser auf Wanderschaft war es, der sie dem Dirigenten und Komponisten Simon Krannig gab, damit er eine Melodie dazu schrieb. Das war in Zürich, dort fand dann auch die Uraufführung statt - auf der Beerdigung des Glasers. Bald wandert das Lied von Ohr zu Ohr; hier eine kleine Veränderung in der Melodie, einer andere Takt, da eine im Text. Irgendwann dann sind aus den Ostseewellen Nordseewellen geworden. Der Reichssender Königsberg brachte die ersten Takte als Pausenzeichen. Die ostdeutsche Fassung entstand in Inse am Kurischen Haff, geschaffen von Präzentor Franz Leiber, einem Gesangslehrer. Doch auch in Holland, Frankreich und gar Südamerika kennt man die einprägsame Weise, wenn auch mit unterschiedlichem Text. Peter van Lohuizen
Wo det Haffes Welle
trecke an den Strand,
wo de Elch on Kroanke
jedet Kind bekannt,
wo de Möwe schrieje
grell em Stormgebruus,
doa es miene Heimat,
doa sie eck tohuus.
Well un Woge sunge
mie mien Wieejeleed,
on am Haff verlewt eck
miene Kindertied,
on dat Haff erweckt in mie
de groot Begehr
enne Welt to flege
öwer Land on Meer.
Woll hätt mi dat Läwe
dat Verlang’ gestöllt,
hätt mi all gegäwe,
wat mien Herz erfüllt,
alles es verschwunde,
wat mi quäld on dreew,
häw dat Glöck gefunde,
doch de Sehnsucht bleew:
Sehnsucht noah dem kleene
koahle Fescherland,
wo de Haff on Ostsee
trecke an den Strand,
wo de Möwe schrieje
grell em Stormgebruus,
doa es miene Heimat,
doa sie eck tohuus.
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