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Einen "Magier der Farbe" hat man ihn genannt. Wie er die Natur, die Farbe erlebte, das überträgt sich noch heute unmittelbar auf den Betrachter seiner Werke. Neben den Gemälden und Holzschnitten sind es vor allem die Aquarelle, die von der Kunst des Malers Karl Schmidt-Rottluff künden. Besonders intensiv beschäftigte er sich mit der Aquarellmalerei und verhalf ihr so, aus dem Schattendasein als Studie hervorzutreten, und erhob das Aquarell zu einem autarken Kunstwerk. Über sieben Jahrzehnte befaßte sich Schmidt-Rottluff mit der Technik des Aquarells. Bereits aus der Zeit als Schüler in Chemnitz sind erste Arbeiten erhalten; Anfang der 70er Jahre entstanden die letzten, nachdem der Künstler 1964 die Ölmalerei aufgegeben hatte.
Karl Schmidt-Rottluff wurde als Sohn eines Müllers in dem sächsischen Dorf Rottluff geboren. Ursprünglich sollte er, der sich schon in der Schulzeit durch besondere Begabung beim Zeichnen hervortat, Architekt werden, und so besuchte er die Technische Hochschule in Dresden. Dort gründete er 1905 zusammen mit Erich Heckel, Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner die Künstlergemeinschaft "Die Brücke". Die gemeinsame Begeisterung für die Malerei hatte die vier Studenten zusammengeführt. Schon bald stießen gleichgesinnte Maler zu ihnen, so Max Pechstein und Otto Mueller. 1906 kam Emil Nolde hinzu, der allerdings die Gruppe nach kurzer Zeit wieder verließ.
Nach dem Umzug der "Brücke"-Maler im Jahre 1911 nach Berlin blieb die Gemeinschaft nur noch zwei Jahre bestehen. Bereits 1913 zerstritten sich die Freunde, und jeder begann, seinen eigenen Weg in der Kunst zu suchen.
Im Kreis der "Brücke"-Künstler galt Schmidt-Rottluff von Anfang an als der Sprödeste, Wortkargste und Konsequenteste - als Mensch wie als Maler. Bis zu seinem Tod am 10. August 1976 ist er seinem Stil stets treu geblieben - wenn auch sein Alterswerk ruhiger wurde, sanfter, lyrischer.
Anläßlich seines 120. Geburtstages am 1. Dezember ehrt das Berliner Brücke-Museum seinen Stifter und Förderer nun mit einer retrospektiven Ausstellung. Gezeigt wird bis zum 17. Oktober im Haus am Bussardsteig 9 eine repräsentative Auswahl seiner Aquarelle aus sieben Schaffensjahrzehnten (mittwochs bis montags 11-17 Uhr).
Starkfarbige Blätter entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Dangast im Oldenburger Land, wo Schmidt-Rottluff in den Jahren 1907 bis 1912 die Sommerfrische verbrachte, um fern der Großstadt zu arbeiten. 1913 verschlug es ihn, wie Max Pechstein, nach Nidden auf die Kurische Nehrung, 1914 und 1919 nach Hohwacht an die Ostsee, 1920 bis 1931 ins pommersche Jershöft, 1932 bis 1943 nach Rumbke am Lebasee in Ostpommern und 1951 bis 1973 nach Sierksdorf an die Ostsee. Die Reinheit des Lichts wird es gewesen sein, die ihn immer wieder anzog. Landschaften von ungeheurer Suggestivkraft enstanden. Im Laufe der Jahre erkennt man einen sachten Wandel - eine Verknappung der Formen, fast geometrische Formen, die weiter bis ins Blockhafte gesteigert werden. Die Farben werden dunkler, wirken dennoch nicht weniger suggestiv. Letztendlich zieht sich der Künstler in seinen Darstellungen auf das Wesentliche zurück.
"Die Entwicklung seiner Kunst, die ihre Innovation aus einer grundlegenden Auseinandersetzung mit Tradition und Moderne schöpft, spiegelt über die Jahrzehnte nicht nur das unmittelbar Erlebte und zeigt Objekte des individuellen Interesses", erläutert die Kunsthistorikerin Christiane Remm vom Berliner Brücke-Museum, "sie verweist zugleich auf richtungweisende Phänomene in der Kunst und berührt dabei gesellschaftliche und politische Veränderungen in Deutschland. Das
Aquarellschaffen Schmidt-Rottluffs präsentiert sich als Ausdruck seines unmittelbaren künstlerischen Gestaltungsdranges sowie als überdauerndes allgemeingültiges Zeitdokument." Peter van Lohuizen
Karl Schmidt-Rottluff: Strandkörbe (Aquarell, 1909, Ausschnitt) Foto: Brücke-Museum
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