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Eindrucksvolle Gestalterin

 
     
 
Ihr handwerkliches Können war ihr offensichtlich bereits in die Wiege gelegt worden, entstammte die Königsbergerin Hilde Leest doch einer alteingesessenen Handwerkerfamilie; Großvater Albert Leest war Inhaber einer Baufirma, der Vater beamteter Baumeister. Nach dem Schulbesuch ging Hilde ins schlesische Bunzlau, wo sie sich zur Keramikerin ausbilden ließ. Später besuchte sie in ihrer Vaterstadt zwei Jahre lang die Kunst- und Gewerkschule als Schülerin von Prof. Hermann Brachert. Dann wechselte sie zur Kunstakademie, wo sie sich von Prof. Stanislaus Cauer unterrichten ließ; er förderte ihr Talent, soweit es ihm möglich war.

Reisende, die während ihrer Fahrt durch Ostdeutschland auch das kleine Städtchen Friedland besuchen, werden gewiß an dem Kraftwerk vorbeifahren, das erst kürzlich modernisiert wurde. Kaum einer aber wird wissen, daß es Hilde Leest war, die sich mit dem plastischen Modell des "Ostdeutschlandwerks", das sie nur anhand von technischen Zeichnungen fertigte, ein erstes Honorar verdiente. Der jungen Künstlerin kam das Geld sehr gelegen, konnte sie nun doch nach Berlin gehen. Dort fand sie durch die Vermittlung des Bildhauers Rudolf Belling eine Anstellung
bei den Königsberger Architekten Max und Bruno Taut. Dort an der Spree waren auf der Ausstellung "Junge Talente" auch zum ersten Mal Keramikarbeiten der Ostpreußin zu sehen, die vor nunmehr 100 Jahren am 22. Oktober in Königsberg geboren wurde.

Als sich ihr die Gelegenheit bot, nach England zu gehen, griff sie diese freudig auf und erhielt bei Moholy-Nagy, einem ehemaligen Maler am Weimarer und Dessauer Bauhaus, neue Anregungen. Die Sehnsucht nach der Stadt an der Spree ließ sie jedoch bald wieder nach Berlin zurückkehren. Dort widmete sich Hilde Leest der Bildhauerei. Sie bevorzugte den harten, schwer zu bearbeitenden Stein. Viele ihrer Arbeiten wurden auf Kunstausstellungen gezeigt, einige von der Stadt Berlin angekauft. Im Zweiten Weltkrieg wurden diese ersten Werke jedoch zerstört, nur einige Fotos blieben erhalten.

Nach dem Krieg baute sich die Künstlerin wie so viele ihrer Kollegen aus dem Nichts ein neues Atelier auf. Bald jedoch sollte es der Spitzhacke zum Opfer fallen - beim Bau des Hansa-Viertels. Doch Hilde Leest gab nicht auf. Im Grunewald richtete sie sich auf einem Ruinengrundstück ein behelfsmäßiges Heim und ein Atelier ein. Unermüdlich schuf sie Neues, Beeindruckendes, wie die Büste von Ernst Reuter für das Bezirksrathaus Tiergarten und Plastiken für Schulen und Parks, so die Steinplastik "Die munteren Rochen" für einen Kinderspielplatz im Hansa-Viertel oder die Darstellung eines "Hockenden Knaben" für die Wiebe-Schule.

Besondere Beachtung aber fand ihre Monumentalplastik "Wiedervereinigung", die 1962 am Mauerdurchlaß der Chausseestraße in Berlin-Wedding Aufstellung fand. Auch schuf sie eine Plastik "Das Gespräch" für den Steglitzer Stadtpark. Immer wieder aber waren es Not, Vertreibung, Trennung und Leid, die als Themen von der Bildhauerin eindrucksvoll gestaltet wurden.

1964 wurde die Königsbergerin von der Freundeskreis Ostdeutschland mit dem Ostdeutschen Kulturpreis ausgezeichnet. Sie starb am 27. November 1970 in Berlin. Ihre letzte Ruhestätte fand sie neben ihrer Mutter und ihrem Bruder auf dem Friedhof von Marl-Lemförde (Oldenburg).

Peter van Lohuizen

Arbeit mit Hammer und Meißel: Die Bildhauerin Hilde Leest im Atelier /p> Hilde Leest: Die Künstlerin in jungen Jahren
 
     
     
 
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