Eine Chance für Oberschlesien

Die deutsche Volksgruppe im polnischen Herrschaftsbereich hat Grund zum Feiern: Die Wojewodschaft Oppeln, in der sie rund ein Drittel der Bevölkerung stellt, wird nicht auf dem Altar der großen Gebietsreform geopfert. Dies ist der Lohn für einen beispielhaften gemeinsamen Einsatz von deutschen und polnischen Oberschlesiern für die Erhaltung ihres Regierungsbezirkes.

Mit der Gebiets- und Verwaltungsreform will die Mitte-Rechts-Regierung Buzek den verknöcherten und selbstherrlich-inkompetenten Warschauer Zentralismus

durch gewichtige Stärkung der Selbstverwaltungsrechte der Regionen überwinden. Das entsetzliche Versagen des polnischen Zentralstaates während der Oderflut im vergangenen Jahr hat seinerzeit wesentlich zum Wahlsieg des Reformbündnisses der rechten Mitte beigetragen.

Die Umsetzung der Reform war indes quer durch die Parteien heftig umstritten. In diesem Streit um Anzahl, Größe und Rechte der neuen Wojewodschaften war Oppeln bis Ende vergangener Woche in Gefahr, einem größeren Regierungsbezirk einverleibt zu werden. Die deutsche Volksgruppe fürchtete, als dann zahlenmäßig schwache Minderheit ihre kulturelle Identität zu verlieren.

Nun haben sich Regierung, Opposition und Staatspräsident darauf verständigt, die Zahl der Wojewodschaften von 49 auf 16 zu reduzieren und Oppeln unangetastet zu lassen. Damit bietet sich den deutschen Oberschlesiern im kommenden Frühjahr die vielleicht einmalige Chance, ein kräftiges Wort bei der politischen Gestaltung dieser mit neuen Rechten ausgestatteten Region mitzureden - vorausgesetzt, sie ziehen nicht wie bei den letzten Sejmwahlen in großer Zahl den sonntäglichen Kaffeetisch der Wahlurne vor. E.S.